Vorwort: Volkssagen, Märchen und Legenden (1811)
Johann Gustav Büsching (in: Volkssagen, Märchen und Legenden)
Ich hatte aber auch Märchen, die ich wirklich haßte, vor allem die Geschichte, mit der auch Sancho Pansa seinen Herrn nicht wenig erzürnt, mit der Erzählung von dem Hirten, der die vielen tausend Schafe einzeln über den Fluß setzen muß, das gar zu hübsch anfängt und gar zu kurz ist; denn man glaubt, daß jenseits des Stromes ein herrliches Mährchenland liegen muß, da alle andere Mährchen zu einem Ziele führen, nur dies nicht. Immer hoffte ich zu erharren, daß das letzte Lamm hinüber wäre und nun die Geschichte begönne, aber immer ward ich auf fernere Zeit verwiesen; er sei noch nicht hinüber und so harre ich noch. Doch ward ich ein paarmal mit der Geschichte angeführt.
Das stille Volk in meinem Innern ward mir stündlich werter, täglich mehrte sich der kleine Roman, der in meiner Seele sich entspann, aber ich betrachtete es immer als eine Welt außer mir, die ich nicht festzustellen im Stande war. Desto lieber ward mir aber die Idee selbst, klein zu sein, und es setzte sich eine Lust an kleinen Personen fest, welche wohl einen tiefen Eindruck in meine Phantasie gemacht haben muss, denn noch jetzt würde man mir eine sehr große und bedeutende Vorliebe für kleine, zierlich und lieblich gebaute Personen mit vieler Deutlichkeit nachweisen können.
Vor allem bemühte ich mich, so klein mich zu machen, dass ich Dinge unternehmen möchte, die mein kleines Volk leicht tun könnte. So kugelte ich mich in einen Korb zusammen, in dem die nächtliche Wäsche des Abends ins Zimmer gebracht ward. Mein doch zu großer Körper drohte ihn zu zersprengen, er knackte und knarrte verräterisch laut und die haushälterische Mutter vertrieb mich mit einigen Drohworten aus dem gewünschten Häuslein, wohin ich nur sehr verstohlen zurückkehren durfte und in kurzem ganz vergebens.
Dann lag ich auch gerne hinter Mutter und Großmutter in der Ecke des Sofas, dicht wie ein Knäuel gedrängt und ließ mich von der Bewegung, die das Spinnen dem Sofa mitteilte, schaukeln; denn damals gab es noch deutsche Frauen, die spannen, und der Spinnrocken ist ja der eigentliche Signalstern der Märchenwelt.
Volksmusik: Volksliedbücher
Schlagwort: Psyche und Seele
Siehe dazu auch:
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1828) ()
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1833) ()
- Als der Großvater die Großmutter nahm (Auflage 1922) ()
- Die Bedeutung des Liedes für die Auswanderung ()
- Einleitung: Demokratische Volkslieder ()
- Geschichtliche Entwicklung der Heimathymnen ()
- Kinderlieder ()
- Ministerium stoppt Bundeswehr-Liederbuch ()
- Mitteilung über das niederdeutsche Volkslied „Burlala“ (=Peterlein) ()
- Neue Soldaten- und Marschlieder (1916) ()
- Schlesische Volkslieder (1842): Vorwort ()
- Schlesische Volkslieder: Vorwort von Ernst Richter ()