Vorwort: Volkssagen, Märchen und Legenden (1811)
Johann Gustav Büsching (in: Volkssagen, Märchen und Legenden)
Die Lust dauerte nicht lange, mein Brüderchen starb bald wieder und versetzte mich, das Kind, in eine nicht geringere Klage, als meine Eltern, und wohl weiß ich noch, wie ich am Fenster des Zimmers stand, worin mein kleiner Bruder entweder starb, oder sein Leichnam lag, und mich durch die Tröstungen der Wärterin kaum beruhigen, kaum meine Tränen anhalten konnte. Das Kind vergaß diesen Schmerz bald.
Nun war ich wieder allein, die Lust an Gesellschaft, an gemeinschaftlichem Spiele erwachte immer mehr, die Besuche der Nachbarskinder genügten mir nicht, auch entstand unter den verschieden gestimmten häufig Streit und Zank, alle Freude ward zerrissen und dann war ich auch, nach meinen Wünschen, viel zu oft allein. Eine treue Wärterin, eine sorgfältige, stets bemühte Tante, eine mich über alles liebende Mutter spielten wohl mit mir, und selbst der Vater versagte es mir nicht, Abends, nach seiner Arbeit, Soldat und dergleichen zu spielen, und mit einem Stocke Schildwach zu stehen; aber alles genügte mir nicht und da es immer nicht das Rechte war, was meine Seele wünschte, so ward ich oft im Spiele unartig und das Spielen war vorbei. Die Leute waren mir alle zu groß, ich wollte kleine Persönchen haben, so groß wie ich; mit denen ließ sich besser spielen, hier spielte ich nur, und man spielte mit mir; es ging nicht so recht vom Herzen.
Da fing ich nun an, meine Mutter angelegentlichst zu bitten, sie möchte mir ein Brüderchen oder Schwesterchen verschaffen, darin erkannte ich das einige Heil. Man verwies mich zur Ruhe; ich bat wieder, dringender und ward mit der Nachricht beschwichtigt, wenn ich recht artig wäre, sollten meine Wünsche erfüllt werden. Das versprach ich; aber ich muß nie so artig gewesen sein, denn meine Wünsche wurden nicht erfüllt. Von jener Zeit mag auch wohl die Wurzel eines für mich unendlich peinigenden Gedankens in meine Seele gelegt sein, des Gedankens: allein in der Welt zu stehen, eine Idee, die mich immer mit grässlicher Beängstigung befällt, wenn eine geliebte Person aus meinem Kreise gerissen wird. Ich muss etwas haben, woran ich mich halte im Leben.
Meine Puppen, meine Baukasten, meine Tiere gefielen mir gar wohl; zu Weihnachten marschierten gar artiges Fußvolk und Reiter auf, alles ging anfangs gut, bis ich immer wieder dahinter kam, daß ich alles tat und die unglücklichen Puppen gar nichts. Keine rührte einen Arm oder ein Bein. Im Unmut wurden sie daher oft gar zu sehr gestoßen, verloren das, was sie rühren sollten, und den Kopf noch oben drein. An Schelten fehlte es nicht. Meine kleinen Freunde bewegten papierne Puppen, an Drähten und Faden, ich tat es auch, sie mussten sogar Komödie spielen, die ich aufführte, obgleich ich nur die höchst dürftigste und mangelhafteste Idee davon hatte; denn erst in meinem zehnten Jahre sah ich die Bühne.
Volksmusik: Volksliedbücher
Schlagwort: Psyche und Seele
Siehe dazu auch:
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1828) ()
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1833) ()
- Als der Großvater die Großmutter nahm (Auflage 1922) ()
- Die Bedeutung des Liedes für die Auswanderung ()
- Einleitung: Demokratische Volkslieder ()
- Geschichtliche Entwicklung der Heimathymnen ()
- Kinderlieder ()
- Ministerium stoppt Bundeswehr-Liederbuch ()
- Mitteilung über das niederdeutsche Volkslied „Burlala“ (=Peterlein) ()
- Neue Soldaten- und Marschlieder (1916) ()
- Schlesische Volkslieder (1842): Vorwort ()
- Schlesische Volkslieder: Vorwort von Ernst Richter ()