Volkslied-Bücher
Erika Kross und Jürgen B. Wollf (in: Kurzer Abriss über die Publikationen zum deutschen Volkslied)
1914 wird durch Meier in Freiburg i. Br. das Deutsche Volksliedarchiv (DVA) gegründet, heute mit rund 334000 Liedaufzeichnungen das größte und wichtigste seiner Art. Vor allem in den 20er Jahren regt das DVA eine neuerliche fieberhafte Sammeltätigkeit an:,,Die deutschen Volkslieder in umfassender Weise zu sammeln und diese ihre Sammlung nicht länger hinaus zu schieben, ist eine unabweisbare und heilige Pflicht, denn von Tag zu Tag sinkt wieder alles, von den Vätern ererbtes Volksgut in Vergessenheit und wird durch minderwertiges modernes Machwerk ersetzt. Daher dürfen wir nicht länger zögern, sonst wird mit jedem Augenblick das wirklich wertvolle Material geringer.“14
Bedeutende Sammlungen kommen zu-stande, die z. T. wirklich auf dem Sterbebett Abgelauschtes vor dem völligen Ver-gessen bewahren (HARTENSTEIN, JUNGBAUER, PINCK, SCHIRMUNSKI. SCHÜNEMANN, STEGLiCH, STÜCKRATH, WEHRHAN u. a.). Das DVA selbst gibt ab 1924 die Reihe LANDSCHAFTLICHE VOLKSLIEDER heraus, die auf 44 Hefte anwachsen wird, darüberhinaus ab 1926 das JAHRBUCH für Volkslied-forschung und die umfassende Edition DEUTSCHE VOLKSLIEDER (Balladen), von der in Bälde der siebte Band zu erwarten ist.
Ein weiteres bislang unbeachtet gebliebenes Feld rückt um 1900 über Nacht in den Mittelpunkt des Interesses wissenschaftlicher Sammlung und Untersuchung. Es ist das städtische Liedgut, das sich unter dem imperialistischen Aufschwung in den Großstädten geradezu in bizarren Formen entwickelt, ja, verselbständigt hat. Intellektuelle Kunstströmungen, die sich der Glätte und Plattheit bürgerlichen Denkens zu entziehen trachten, beginnen den gesellschaftlichen Außenseiter als Märtyrer einer menschenfeindlichen Geldgesellschaft zu glorifizieren.
Vor allem in Berlin, München und Wien wird durch die morbide Verklärung des Verbrecher-, Landstreicher- und Prostituiertendaseins -besonders in der Kabarettliteratur-ein Interesse am Liedgut dieser Schichten wach. Wichtige Beiträge erscheinen von BLÜMML, KRAUSS, OSTWALD und QUER!, in welchen jene in anderen Lied-sammlungen vorsichtig ausgesparten Themen der erotischen, Stadt- und Land-streicher- oder Kriminellenlieder, zotigen Sprüche und skatologischen Wendungen nach ihrer Geschichte und den sozialen Wurzeln untersucht werden.
,,Vor allem suchte ich auch von den alten Volksliedern das zu retten, was wegen seiner Leben-digkeit und Derbheit so lange unterdrückt und verpönt worden war … Von dem, was die heutigen Menschen der Tiefe singen, dürfte manches dem Psychologen, dem Volkswirtschaftler, dem Juristen – ja, allen manchen Aufschluß, manchen Genuß geben … Wer nur ein bißchen empfindet, was ich mit diesem Bild ‚aus dem Rinnstein‘ sagen will, der wird mich begreifen. Zu diesem Verständnis gehört nur ein bißchen Rebeilion gegen Schwäche. Faulheit, Verzärtelung, Heuchelei, Un-natur gegen alles, was nicht Lust am Tumult des Lebens hat und was selbst nicht den Ausdruck dieses Tumultes ertragen kann.“15
Volksmusik: Volksliedbücher
Schlagwort: Schule
Ort: Augsburg, Berlin, Breslau, Darmstadt, Hamburg, Leipzig, München, Österreich, Prag, Wien
Siehe dazu auch:
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1828) ()
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1833) ()
- Als der Großvater die Großmutter nahm (Auflage 1922) ()
- Die Bedeutung des Liedes für die Auswanderung ()
- Einleitung: Demokratische Volkslieder ()
- Geschichtliche Entwicklung der Heimathymnen ()
- Kinderlieder ()
- Ministerium stoppt Bundeswehr-Liederbuch ()
- Mitteilung über das niederdeutsche Volkslied „Burlala“ (=Peterlein) ()
- Neue Soldaten- und Marschlieder (1916) ()
- Schlesische Volkslieder (1842): Vorwort ()
- Schlesische Volkslieder: Vorwort von Ernst Richter ()