Volkslied-Bücher

Erika Kross und Jürgen B. Wollf (in: Kurzer Abriss über die Publikationen zum deutschen Volkslied)


Auf der Grundlage von Erks Sammlungen gibt Franz Magnus BÖHME 1893-94 in drei Bänden den ,, Deutschen Liederhört“ heraus, die bis dato umfangreichste n Ausgabe deutscher Volkslieder. ,,Nicht Alles, was die Sammler aus Volksmund aufgefangen und aus alten Handschriften und Drucken zusammengerafft haben, durfte in einem ‚Liederhorte‘ Platz finden. Das Vorhandene, geradezu Werthlose, sowie viel Häßliches und Schmutziges mußte ausgeschieden und von der Un-masse des Verbleibenden wieder nur das Werthvollere und Vorzüglichste ausge-wählt werden.“12 Trotz dieser Seibstzensur, die gelegentlich peinliche Unterlas-sungen sowie Entstellungen und Irrtümer zeitigt, kommt Böhme ein wichtiges Verdienst zu: war bisher meist nur die literarische Seite des Volksliedes behandelt worden, widmet er sich ausgiebig auch musikalischen Fragen.So sind sein ,,Alt-deutsches Liederbuch“ (1877) und die ,,Geschichte des Tanzes in Deutschland“ (1886) noch immer wahre Fundgruben.

Von Wichtigkeit sind ebenfalls seine „Volkstümlichen Lieder“ (1895) von zu-meist namhaften Autoren des 18. und 19. Jahrhunderts, die der romantisierende bürgerliche Zeitgeschmack in den Volksmund gelangen ließ. Auch Hoffmann, Friedlaender und Meier steuern hier – unter Anwendung der Begriffstrennung Volks- und volkstümliches Lied — wichtige Veröffentlichungen bei.

Die immer umfassendere Kenntnis des Volksgesanges und seiner Geschichte, ständig bereichert durch die Fülle verschiedenster Publikationen einerseits und die Gründung vieler Volkskunde- und Volksgesangvereine andererseits, ruft gegen Ende des Jahrhunderts verstärkt die Wissenschaft auf den Plan. Der Volkslied-begriff bedarf dringender Klärung. Alle möglichen Theorien und Definitionen J’agen einander. Zudem werden immer dringlichere Hilferufe laut, die den ,.Niedergang des Volksgesanges“ voraussagen und dessen unbedingte Pflege sowie das Sammeln-bevor-es-zu-spät-ist fordern.

Bürgerliche Volkskundler beschwören die gute alte Zeit angesichts der erschreckenden industriellen Expansion und schwel-gen in halbwissenschaftlichen Erinnerungen und Illusionen, als die Volksseele noch heil und ihre Stimmgev/alt ungebrochen war. Namen wie BUCKEL, BRUI-NIER, SAHR, SCHELL und VILMAR seien genannt.
Einen wichtigen Beitrag liefert John MEIER mit seinen ,, Kunstliedern im Voiks-munde“ (1906), ,,in denen die damals aufsehenerregende These aufgestellt wird, daß Volkslieder Produkte eines individuellen Verfassers sind, die vom Volk über-nommen und so erst zu eigentlichen Volksliedern werden“13 (Rezeptionstheorie). Dem entgegen steht die ,,Produktionstheorie“ Josef POMMERS, der nur das im Volk anonym entstandene Lied als Volkslied gelten läßt.

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