Volkslied-Bücher
Erika Kross und Jürgen B. Wollf (in: Kurzer Abriss über die Publikationen zum deutschen Volkslied)
Der „erfolgreichste“ Sammler des 19. Jahrhunderts ist Ludwig ERK. Rund 20.000 Lieder umfaßt sein handschriftlicher Nachlaß. Wichtigste Veröffentlichung in jener Zeit sind die 13 Hefte „Deutsche Volkslieder mit ihren Singweisen“ (1838 – 1845) Daneben erwirbt er sich große Verdienste um die Aufbereitung von Volksliedern für Schule, Haus und Gesangverein, wie sie der neue Mittelstand der wachsenden Industriestädte verlangt. Weitere wichtige Autoren, die ebenfalls Sammlungen in populärer textlicher und musikalischer Bearbeitung herausbringen, sind FINK, HARTEL und SCHERER. Auch SILCHER gehört hierher, der überdies eine Reihe bekannt gewordener Melodien ,,im Volkston“ geschaffen hat.
Mit der Landflucht und schrittweisen Auflösung dörflicher Gemeinschaften ent-steht mit den Gesangvereinen ein zunächst spezifisch städtisches Ersatzstück zur ländlichen Sangeskultur. Hier, als auch in Schule und Armee, wird Volksgesang mit stark deutschnationalem und religiösem Gehalt gepflegt, so v/ie es z. B. ein ,,preußisches Regulativ“ von 1854 vorgibt: ,,Unter allen Umständen ist das Auf-gabe der Elementarschule, daß Kinder bei ihrer Entlassung aus derselben die gebräuchlichen Kirchenmelodien und eine möglichst reiche Anzahl guter Volks-lieder, wobei besonders die Vaterlandslieder zu berücksichtigen sind, einstimmig richtig und fertig singen können,“10
Ein Lehrplan für höhere Mädchenschulen stellt fest: ,, Mädchen und Frauen sind von a’ters die berufenen Hüterinnen des dich-terischen Gutes, das im Volkslied ruht. Jede Mädchenschule hat die Pflicht, mit dafür zu sorgen, daß der gemeinsame Haus- und Familiengesang wieder zu Ehren komme …“n Um diesen ,,Bedarf“ zu decken, erscheint eine Flut von Lieder-büchern, von denen die wenigsten wert sind, hier genannt zu werden.
Daneben werden ab etwa 1840 auch viele progressiv gesinnte Liederbücher für Bürgerwehr, Turn- und andere Vereine verlegt, deren Tradition sich über die sozial-demokratischen Liederbücher in der Zeit der Sozialistengesetze, die Singbücher der Wandervögel bis zu den Arbeiterliedsammiungen nach der Jahrhundertwende • fortsetzt. Wir haben einige besonders interessante aufgenommen, obwohl sie nur bedingt Volksliedsammlungen genannt werden können.
Mit der Ernüchterung nach der gescheiterten 48er Revolution setzt eine rege Herausgebertätigkeit ein, gefördert durch die deutsche Seele und Vergangenheit beschwörende bismarcksche Nationaleuphorie. Teils sind es landschaftliche Sammlungen (BENDER, BIRLINGER, DUNGER, HRUSCHKA/TOiSCHER, KÖHLER/MEIER, LEWALTER, MINCOFF-MARRIAGE, SCHUSTER, WOLF-RAM), teils historische und thematische Sammlungen oder Untersuchungen aller Art (BÄUMKER, BOLTE, EITNER, FRIEDLAENDER, LILIENCRON, SCHADE, TAPPERT, WACKERNAGEL, WELLER) oder auch literarisch wertvolle Bear-beitungen (SIMROCK).
Volksmusik: Volksliedbücher
Schlagwort: Schule
Ort: Augsburg, Berlin, Breslau, Darmstadt, Hamburg, Leipzig, München, Österreich, Prag, Wien
Siehe dazu auch:
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1828) ()
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1833) ()
- Als der Großvater die Großmutter nahm (Auflage 1922) ()
- Die Bedeutung des Liedes für die Auswanderung ()
- Einleitung: Demokratische Volkslieder ()
- Geschichtliche Entwicklung der Heimathymnen ()
- Kinderlieder ()
- Ministerium stoppt Bundeswehr-Liederbuch ()
- Mitteilung über das niederdeutsche Volkslied „Burlala“ (=Peterlein) ()
- Neue Soldaten- und Marschlieder (1916) ()
- Schlesische Volkslieder (1842): Vorwort ()
- Schlesische Volkslieder: Vorwort von Ernst Richter ()