Tiroler Lieder in Deutschland, England und Amerika
Tiroler Lieder im 19. Jahrhundert: Die Geschwister Rainer aus Fügen im Zillertal bildeten die erste international erfolgreiche Tiroler Gesangsgruppe. In einer Zeit wachsenden Nationalbewusstseins, in der Tirol vom Image eines freiheitsliebenden Landes profitierte und sich die Alpen- und Tirolermode großer Beliebtheit erfreute, reisten sie von 1824 bis 1838 durch Deutschland und Großbritannien und waren selbst am Londoner Hof gern gesehene Gäste. Viele ihrer „Tiroler Lieder“, die noch von späteren singenden Familien aus Tirol übernommen wurden und heute teilweise sogar als Volkslieder gelten, wurden bereits zwischen 1827 und 1829 von Ignaz Moscheles unter dem Titel „Tyrolese Melodies“ herausgegeben – zweisprachig im Tiroler Dialekt und in englischen Übersetzungen und Nachdichtungen. Adressiert waren sie an ein bürgerliches und adeliges musizierendes Publikum im deutsch- und englischsprachigen Raum.
Die den Geschwistern Rainer nachfolgende Zillertaler „Rainer Family“ um den damals 18-jährigen Ludwig Rainer wurde im Auftrag eines amerikanischen Geschäftsmannes förmlich „gecastet“ und konzertierte von 1839 bis 1843 in den Musikzentren der Vereinigten Staaten. Dort feierte sie nicht nur enorme Erfolge, sondern hinterließ bleibende Einflüsse auf die Entwicklung der musikalischen Popularkultur, insbesondere der „Minstrel Show“ und des vierstimmigen Barbershop-Gesanges.
Das vorliegende Buch behandelt die Entstehung und Entwicklung des Liedrepertoires der Geschwister Rainer und „Rainer Family“ im Zeitraum 1822 bis 1843 und seine Funktionalität. Die vielen Parallelbeispiele tirolerischer und englischer Versionen der gleichen Lieder offenbaren das Talent der frühen Tiroler Nationalsängergesellschaften, sich mit ihrer Musik einem fremden Publikum verständlich zu machen.
Sandra Hupfauf: Die Lieder der Geschwister Rainer und “Rainer Family” aus dem Zillertal (1822-1843)
Untersuchungen zur Popularisierung von Tiroler Liedern in Deutschland, England und Amerika
Ergänzt, redigiert und herausgegeben von Thomas Nußbaumer
Universitätsverlag Wagner: Innsbruck 2016 (246 Seiten, zahlr. Abb.)