Steinitz XI: Work in Progress

Wolfgang Steinitz (in: Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten, Band I, 1954, Seite XXII f)

Ich habe Bedenken getragen, das Werk in der vorliegenden Form herauszugeben. Da jeder Monat neues Material brachte und bringt, lag es nahe, den Abschluß der Arbeit Immer wieder hinauszuschieben. Da jedoch für dieses Gebiet des deutschen Volksliedes
bisher keine Sammlung oder Untersuchung vorlag, das Wissenschaftliche und gesellschaftliche Bedürfnis nach einer solchen Arbeit aber dringend ist, stellte ich meine Bedenken zurück. Ich dachte dabei auch an Wilhelm Grimms Äußerung in der Widmung der Ausgabe der „Kinder- und Hausmärchen“ von 1843 an Bettina von Arnim: „Von unseren Sammlungen gefielen ihm [Arnim] diese Märchen am besten. Er meinte, wir sollten nicht lange damit zurückhalten, weil bei dem Streben nach Vollständigkeit die Sache am Ende liegen bliebe.“ Da ich dieser Arbeit nur einen Teil meiner Zeit widmen konnte, lag diese Gefahr des Liegenbleibens sehr nahe.

Die Arbeit soll auch die großen Lücken aufzeigen, die gerade auf diesem Gebiet noch bestehen, und damit zur weiteren Sammlung anregen – sowohl aus der noch lebenden mündlichen Überlieferung, was insbesondere für die Lieder der Arbeiter und Landarbeiter
gilt, als auch aus Archiven, Memoiren und anderen älteren schriftlichen Quellen besonders des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, was insbesondere für die Lieder der Bauern, Handwerksgesellen und Soldaten gilt. Auf dieser wesentlich erweiterten Grundlage wird dann das Institut für deutsche Volkskunde eine umfassende wissenschaftliche Gesamtausgabe der demokratischen Volkslieder mit Untersuchungen von Text und Melodie beginnen.

Die vorliegende Arbeit hat sich in erster Linie wissenschaftliche Aufgaben gestellt. In einer Zeit aber, da das Besinnen auf die nationalen Kulturtraditionen von entscheidender Bedeutung für die Erhaltung der deutschen Nation ist und da das deutsche
Volkslied und das künstlerische Volksschaffen überhaupt einen immer tieferen Widerhall bei der Jugend, den Arbeitern und den werktätigen Bauern der Deutschen Demokratischen Republik finden, dient sie auch den kulturellen Interessen weitester Kreise und zeigt damit die enge Verbindung von Wissenschaft und Praxis. Volksdichtung,Volksmusik, Volkskunst, die das werktätige Volk selbst geformt und getragen hat, repräsentieren das Verhältnis des einfachen Menschen zur Kunst besonders klar und sprechen ihn daher auch heute noch aufs stärkste an.

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