Soldaten-Reime auf Militär-Signale

Franz Magnus Böhme (in: Deutscher Liederhort III (1893, Nr. 1433))

Es ist dem Menschen zuweilen Bedürfniß und ein Spiel der Phantasie, Naturlaute in Menschensprache umzusetzen. So entstanden ungezählte Kinderreime und auch so mancher Soldatenreim zu Signalen mit Horn oder Trommel.

Das älteste Beispiel einer Deutung des Militärsignals bilden wohl die im 16. Jahrhundert entstandenen „Scherz-Reimlein“ auf den Trommelschlag der Landsknechte von je fünf Schlägen auf drei Schritte:

Trommel-Rhythmus der Landsknechte

welche Hortleder (Von Deutscher Kriegführung 2. Aufl. 1645, S. 425) anführt. Er sagt dort darüber: „Die übrigen Trommelschlage, damit ein jeder etwas Neues auf die Bahn bringt, sind ungeschickt und lächerlich; der alte, welchen ich allein für löblich halte, ist, wenn man nach jeden fünf Schlägen etwas inne hält: toptoptoptoptop — toptoptoptoptop. Durch solchen Trommelschlag werden beides die Gemüter zur Freud und Tapferkeit erweckt, hilft auch den Leibeskräften nicht wenig. Der gemeine Haufe pflegt bei solchen fünf Schlägen etliche Worte zu gebrauchen, als:

Hüt dich, Baur, ich komm,
Mach dich bald davon!

Oder:

Hauptmann, gib uns Geld
Während wir im Feld!

Oder:

Mädel, komm heran
Füg dich zu dem Mann.

Dieser erste Reim, der an die Losung der Dänen in der Schlacht gegen die Ditmarsen 1500 erinnert: „Mari di bure, de garde de kumbt“ (Neocorus I, 478) — war noch im 18. Jahrhundert bekannt und lautet 1720 in F. Spörer’s schwäbischer Kirchweihpredigt: „Hüti Baur i kom, nimm die Hühner und die Gäns“ etc. — Sogar noch 1829 ging derselbe Reim als missverstandenes Sprichwort in Aachen um, denn bei Reumont, Aachener Liederkranz 1829 heißts:

Trom, Trom, Trom
Heu dich, Bur, ich komm!
Ich bring dich nuis (nichts)
ich nehm dich nuis
Ich bin auch nit sihr fromm.

b) Trommelstückchen im 16. Jahrhundert, ebenfalls bei Hortleder 1645 und daraus im Wunderhorn I. 1806, S.97:

Es geht ein Butzemann im Reich herum
Didum, didum, bide bide bum!
Der Kaiser schlägt die Trumm
Mit Händen und mit Füßen
Mit Säbeln und mit Spießen
Didum, didum, didum!

c) Trommelschlag 1705, mitgeteilt. Wunderhorn. 4, 349. Der Reim erinnert an die Zeit von 1705, als die Kaiserlichen in Bayern hausten und der Kurfürst verjagt war:

Rum turum tum
Der Kaiser schlagt um
Mit Händen und mit Füß
Mit fuirige Spieß
Hat d‘ Fenster eingeschlaga
Hats Blei davon traga
Hat Kugla draus gossa
Und d‘ Baura verschossen.

d) Aus der Zeit des 30jährigen Kriegs soll folgender Reim stammen, nach Büschings wöchentliche Nachrichten I. 1816, S. 80 mündlich aus Ansbach :

Die Schweden sind gekommen
Haben Alles mitgenommen
Habn die Fenster eingeschlagen
Habens Blei davon getragen
Haben Kugeln draus gegossen
Und die Bauren derschosscn

e) Landsknechts-Wunsch, Ende des 15. Jahrh., nach der Heidelberger  Handschrift 20 bei Soltau. hist. Bl. Einl. S. 75:

O Gott durch dine Güte
Beschere uns Kugeln und Hüte
Mänteln und Röcke
Geiße und Böcke
Schoffe und Rinder
Vil Frowen und wenig Kinder
Explicit durch den Bank
Smale Dienst machent eime das Johr lang

f) Trompeterstückchen Wunderhorn. III, 414):

Heiderlau! Stirbt meine Frau,
Reis ich in die Wetter
Hol mir eine andre
Die soll sein hübsch und fein
Schöner als die Andre

g= Anderes (das. S. 415):

A Herr, verschoo« — ne mich
Jesus Mariaaa !
Ist denn kein Kavallerie mehr da
Jesus Marie
Wo bleibt die Infantrie?
Hätten mir dies, hätten wir das
Hätten wir Heu, hatten wir Gras
So haben wir aber nichts als diese
Alte alte alte Schindermähre

h) Soldatenreim auf die Lönungsverrechnung (vor 1840):

Ein Tag nix
Zwei Tag nix
Drei Tag krumm
Ist die Woch wieder rum.

i) Hornsignal:

Kartoffelsupp, Kartoffelsupp
Und dann und wann a Schöpsenkopp
Mehl, Mehl, Mehl!

k) Hornsignal (in Preußen und Sachsen):

Die Franzosen haben’s Geld gestohln
Die Preußen wollens wiederholn
Hurrah, Hurrah, Hurrah!

l) Der französische Appell:

Komm, Kamrad, komm, mit Sack und Pack!
Kommst du nicht, so hol ich dich
So kommst du in Prison
Komm, Kamrad, komm!

m) Ein französischer Marsch:

Ram plam plam plam
Papiere argent
Da kommen sie an
Sie habn keine Schuh, keine Strümpf nicht an

n) Trommelmarsch der Schweizer 1798 auf das Ca Ira der Franzosen

Seira, seira, seirassa!
Geld ist besser als Assigna (Papiergeld)
Assigna is Lumpengeld
d’Patriote ziehnd is Feld
Ohne Strümpf und ohne Schuh
Kehre sie wieder deheime zue. (Rochholz, alem. Kinderl. S. 57)

o) Der alte preußische Spießruten-Marsch:

Warum bist du weggelaufen?
Warum tust du das?
Darum mußt du Spießrut‘ laufen,
Wie gefällt dir das?

p) Österreichischer Zapfenstreich:

Drei lederne Strümpf
Zwei und drei macht fünf!
Und wenn ich ein’n verlier
So Hab ich doch noch vier (Soltau, Einl. 74)

q) Langer österreichischer Zapfenstreich:

Gotts Blitz, meine Herrn, was soll das sein?
Was mag das für ein Lärm wohl sein?

r) Preußischer Zapfenstreich:

Putzt mir nicht mit Hammerschlag
Putzt mir nicht mit Sand
Jetzt kommt er, jetzt kommt er
Jetzt kommt der Herr Sergeant

s) Altpreußischer Zapfenstreich:

Zu Bett, zu Bett, die Trommel geht
Und daß ihr morgen früh aufsteht
Und nicht so lang im Bette let

Text: Franz Magnus Böhme (1893)
in: Deutscher Liederhort III (1893, Nr. 1433, S. 292ff)

Siehe dazu auch:

Volksmusik nach Themen

Biographien - Gesang in der Schule - Jazz in Deutschland - Kriegserziehung im Kaiserreich - Kriegslieder - Lied und Erster Weltkrieg - Linktipps - Neuigkeiten - Sedanfeiern - Steinitz Volkslieder - Volkserotik und Pflanzenwelt - Volkslied - Volkslied-Forschung - Verschiedenes - Volksliedbücher - Volkslieder - Volkslieder und ihre Geschichte - Volksmusik Praxis - Weitere Musikseiten - Zeitgeschehen -