Kriegers Lust – die Melodie vom Bürgermeister Tschech

W. Tappert (in: Gassenhauer "Bühne- und Welt . Zeitschrift für Theaterwesen, Literatur -und Musik"  VI, 1904, 2. Halbjahr, S. 807 - zitiert nach Steinitz II , 1962)

Indem das Lied vom Bürgermeister Tschech auf die Melodie eines damals sehr populären Marsches „Kriegers Lust“ gesungen wurde, fand es sofort eine reißende Verbreitung.  Die Melodie, die nicht für ein Lied geschrieben war, hatte in Verbindung mit Worten einen besonders spitzen,, beißenden und  boshaften Charakter.

Interessante Angaben über die Melodie des Tschech-Liedes macht, offenbar auf Grund eigener Erinnerung oder zeitgenössischer Erzählungen, W. Tappert . Den Festmarsch „Kriegers Lust“  hatte Joseph Gungl als österreichischer Militärkapellmeister 1841 geschrieben. Gungis Ruf als Unterhaltungskomponist

„verbreitete  sich hauptsächlich von Berlin aus; hier konzertierte der gemütvolle Tonsetzer mit einem eigenen Orchester seit 1843. Alle seine Werke ( über 400! ) erschienen bei Bote & Bock in Berlin. „Kriegers Lust“  trägt die Opuszahl 26. Schon 1846 waren 12000 Exemplare davon verkauft. Aus der flotten Melodie wurde der preußische Geschwindmarsch Nr. 129 geformt; alle Welt spielte, sang, pfiff ihn. Wie kam das?

Ein Attentat veranlaßte eine Art Bänkelgesang zu der Melodie. Heinrich Ludwig Tschech… schoß am 26. Juli 1844 auf Friedrich Wilhelm IV  Die Untat wäre gewiß längst vergessen, wenn nicht das Lied noch dann und wann auftauchte, dessen Anfang ich mitteilen will:

Niemand war wohl je so frech
Als der Bürgermeister Tschech                       ..
Denn er schoß in seiner Wut
Den König durch den Federhut

Das Weitere verschweig ich. Die Polizei war dem Liede — es hatte drei Strophen — niemals hold; fahrende Sänger, welche es anstimmten, wurden zum „Sitzen“ eingeladen. Nicht einmal pfeifen sollten es die Buben. Die hohe Obrigkeit, repräsentiert durch den vormärzlichen Konstabler, nahm ohne weiteres an, daß jeder, auch bei dieser anscheinend so harmlosen Wiedergabe, inwendig doch den etwas verfänglichen Urtext deklamiere. Die „Berliner Musikzeitung“ hatte am 31. August 1844 (also 5 Wochen nach dem Attentat , Steinitz ) noch einen andern publiziert, der bestimmt war, den ersten zu verdrängen. “ Kriegers Lust“  betitelte ein Herr von Bismark (Vorname unbekannt) sein militärisch-patriotisches Carmen:

Keck in die Welt hinaus
zieh n wir vom Vaterhaus
Denn für das Vaterland
Ist unser Herz entbrannt

Die Absicht war gut, der gewünschte Erfolg blieb aus. Das Volk, dem oft schwer beizukommen ist — läßt sich seine Favoriten nicht aufdrängen — hielt fest an der ersten Lesart“

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

in: W. Tappert : Gassenhauer „Bühne- und Welt . Zeitschrift für Theaterwesen, Literatur -und Musik“  VI, 1904, 2. Halbjahr, S. 807 – zitiert nach Steinitz II , 1962

Siehe dazu auch:

Volksmusik nach Themen

Biographien - Gesang in der Schule - Jazz in Deutschland - Kriegserziehung im Kaiserreich - Kriegslieder - Lied und Erster Weltkrieg - Linktipps - Neuigkeiten - Sedanfeiern - Steinitz Volkslieder - Volkserotik und Pflanzenwelt - Volkslied - Volkslied-Forschung - Verschiedenes - Volksliedbücher - Volkslieder - Volkslieder und ihre Geschichte - Volksmusik Praxis - Weitere Musikseiten - Zeitgeschehen -