Knecht Ruprecht

Nikolaus und Knecht Ruprecht (1860)

Sehr alt ist die Sage vom Knecht Ruprecht: Man erzählt, Ruprecht sei ein Knecht bei einem deutschen Bauer gewesen. Von Kindheit an ein Kinderfreund, habe er sich denn endlich auch nach Vaterfreuden gesehnt. Doch die er sich zur Braut erkoren, habe ihn verschmäht und einen Anderen geheiratet. Das habe ihn so geschmerzt, dass er die Kreise der Menschen geflohen und eine Einsiedelei bezogen habe.

Doch seine Liebe zu den Kindern sei nicht erloschen. Von Zeit zu Zeit habe er die Einsiedelei verlassen, sei im rauen Gewand mit langem, schwarzen Bart und Haupthaar, gewaltigen Augenbraunen, einen Sack mit gemalten Eiern und allerhand Obst und Bildern, aber auch mit einer starken Rute in der Hand in die Ortschaften gegangen, habe da die Kinder, die er durch Vorwerfen des Obstes an sich gelockt, geprüft, ob sie beten können und lernen.

Denen, die ihre Prüfung gut bestanden, habe er allerlei Geschenke gemacht, die Ausgelassenen und Faulen aber habe er die Rute gewaltig fühlen lassen. Den Eltern habe das so gut gefallen, dass sie den Knecht Ruprecht reichlich unterstützten. Sein Name war ein Sporn zu Fleiß und Tugend und ein gewaltiger Schreck für ausgelassene Kinder. Als er gestorben habe man das, was er getan nachgeahmt, und von Zeit zu Zeit sei Einer als Knecht Ruprecht verkleidet erschienen.

Nikolaus und Knecht Ruprecht (1860)

Beides verschmolz im Verlaufe der Zeit zu einem Auftritte, so dass sich gewöhnlich zuerst der Ruprecht (Rupprich) meldete, indem er mit der Rute an die Tür klopfte, den Kindern Äpfel, Birnen und Nüsse in die Stube warf, dann aber, um sie von ihrem Schrecken zurückzurufen, erschien der Nikolaus, wie wir früher gehört haben.

Wenn man auch für dieses Erziehungsmittel nicht unbedingt einstehen kann, so ist es doch innerhalb gewisser Grenzen durchaus nicht zu verwerfen, zu tadeln aber, und es wäre zu wünschen, von Seite der Behörden unbedingt abzustellen sind die Fraßen und Popanze, die man auf manchem Nikolaimarkt zum Kaufe ausstellt und durch die schon manches Kind, ja mancher Erwachsene, dem man sie als „Nikolaibescherung“ zu dem Bette gestellt hat, Fraisen bekamen und in manch andere Krankheiten verfielen.

Gefehlt ist es aber jederzeit, diesen alten, an sich zarten und ehrwürdigen Brauch, als Schreckmittel gegen unfolgsame Kinder anzuwenden. Eltern, welche solche Mittel brauchen, verstehen die Erziehung wohl recht herzlich schlecht. Abscheulich ist es, den Kindern so hässliche Teufelsfratzen und Figuren zum Geschenke zu machen. Verschonet doch die jungen schuldlosen Seelen mit solchen Dingen. Liebe führte den heiligen Nikolaus und den Knecht Ruprecht zu den Kleinen, nicht aber eine derartige Furcht.

in: Illustrierter katholischer Volkskalender, 1860, S. 144

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