Hobelbank – Hochzeitsbrauch

Dr. W. Mannhardt (in: Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band III, 1855, S. 259f)

Auf der Halbinsel Hela bei Danzig hat sich unter den seit Jahrhunderten in Abgeschiedenheit lebenden Fischern deutscher Abkunft ein Hochzeitgebrauch erhalten, der entschieden heidnischen Ursprung bekundet:

Ein rüstiger Mann setzt sich an den Tisch und zeichnet mit Kreide Figuren auf denselben, ihm zunächst, um ihn herum, stehen die Weiber und Jungfrauen, dann im Kreise die übrige Gesellschaft. Beim Zeichnen spricht er:

Ist das nicht ein kurz und lang?
Alle: ja das ist ein kurz und lang!
Zeichner: ist das nicht ne hobelbank?
Alle: ja das ist ne hobelbank?
Kurz und lang hobelbank
o du schöne schöne Hobelbank
Zeichner: ist das nicht ein Storchenschnabel?
Alle: ja das ift ein storchenschnabel
Zeichner: Ist das nicht ne mistelgabel?
Alle: ja das ist ne mistelgabel
Mistelgabel Storchenschnabel
kurz und lang Hobelbank
o du schöne schöne Hobelbank

In derselben Weise folgt:

Hühnersteig Harf und Geig
Baum und Mist Hafke Schiß
Vater und Sohn Absalon
Jud im Haus Kukuk kukt zum Fenster raus
Reiter zu Pferd Feuerherd
Finger und Ring Kleines Kind
Beil und Klotz Bauerfotz (vulva)

Zuletzt wird ein Phallus gemalt und vom Zeichner mit beiden händen bedeckt, wobei er sagt: „Ein Hin und Her eine Lichtputzscheer“. Unter dem Ruf „Eine schöne schöne Lichtputzscheer!“ stürmen die Weiber und Jungfrauen auf den Tisch los und suchen die Hände des Zeichners vom Phallus fortzuziehen, je schneller ihnen dies gelingt, ohne die Zeichnung zu zerstören, desto kinderreicher wird die neugeschlossene Ehe. (Mitgeteilt von Dr W Mannhardt in seiner Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band III, 1855, S. 259f)

Und Frischbier ergänzt:

„Ich habe in bürgerlichen Kreisen Königsbergs das gleiche Spiel gehört. Ein fertiger Zeichner hatte mit der Reißkohle auf einen großen Bogen sämtliche Gegenstände gezeichnet, die in den Gesang aufgenommen werden sollten, der kurze und lange Strich und die Hobelbank machten auch hier den Anfang, doch traten auch eine Pudelmütze und der alte Fritze, selbst Persönlichkeiten der Gesellschaft auf, eine Beziehung zur Ehe bot keines der Bilder, da das Ganze sich eben nur als ein erheiterndes Gesellschaftsspiel gab.  Vergl den Text bei Simrock 952. (Preussische Volksreime und Volksspiele, Von Hermann Frischbier, S. 248, 1867)

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