Der bestrafte Fähnrich

Kapitän v. R. zu Wiesbaden (in: Frankfurter Zeitung 1884 Nr 37 )

Das Volkslied „Es marschierten drei Regimenter wohl über den Rhein“ ist ein bei den Hessen-Kasselschen Truppen im Jahr 1688 in den Niederlanden entstandenes Soldatenlied, das aber zum deutschen Volkslied geworden und noch jetzt, nicht allein am Rhein und im Bergischen, sondern in allen Gauen Deutschlands gesungen wird.

In Folge eines vom Landgrafen Karl I von Hessen-Kaffel mit den holländischen Generalstaaten abgeschlossenen Traktats, marschierten im Jahr 1688 drei Regimenter wohl über den Rhein. Es waren dieses, genau wie es im Volkslied heißt, ein Regiment zu Fuß, das von dem Landgrafen für seinen Erbprinzen Friedrich, der 1720 König von Schweden und 1730 zugleich Landgraf von Hessen wurde, errichtete und nach ihm benannte Regiment, welches 1721 den Namen Königs Regiment und später wieder andere Namen führte, ferner ein Regiment zu Pferd unter dem Oberst von Kärsenbruch gebildet, aus einem Teile des Leibregiments zu Pferde und aus dem 1687 errichteten Regimentern Nassau Weilburg und Hessen Rotenburg – und ein Regiment Dragoner, das 1683 errichtete und 1697 wieder eingegangene Lippische Regiment Dragoner. Sämtliche Truppen hatten eine Stärke von 3400 Mann.

Ein Fähndrich vom Dragoner Regiment muß im Quartier in den Niederlanden eine Vergewaltigung verübt haben. Der rasch verhängten harten, in den Augen der Mannschaft ungerechten Strafe, verdankt dieses Lied seinen Ursprung, Das Lied beurkundet also die sehr strenge, oft sehr harte und unerbittliche Disziplin, die im vormaligen Hessischen Armeekorps vorherrschend war und ohne Nachsicht geübt wurde.

Im Lande Hessen hatte sich bis zur westfälischen Zeit selbst der Name des Hauptmanns in der Tradition erhalten, von dem das Lied singt, „der Hauptmann, der war ein zorniger Mann, der fing gleich zu wettern und fluchen an“. Bei den hessischen Truppen war das Lied zu singen verboten. In der Neuzeit aber wird dasselbe namentlich in hessischen Spinnstuben und Wirtshäusern noch immer flott und häufig exekutiert.

Ludwig Erk schreibt dazu im Liederhort: „Das hier angegebene Alter des Liedes mag richtig sein, kann sich aber nicht auf unsern Text, sondern auf einen ältern beziehen. Denn wäre unser Lied bald nach 1688 entstanden, so müßte es auffallen, warum es mit seiner hübschen Melodie nicht schon im 18. Jahrhunert auftaucht, weder geschrieben, noch gedruckt ist von unserm Liede vor 1820 eine Spur zu finden. Wohl aber gibt es ein älteres Lied gleichen Inhalts, sogar vielfach im Wortlaut gleich, aber mit anderem Versbau, das nach einem fliegenden Blatt im Wunderhorn I 1806 S. 358 steht. Dieser alte Text war die Grundlage zu unserem Liede, darum wir ihn hier geben:

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