Neuerdings aber hat sich der Verband zu einer anderen Publikationsform der Volkslieder entschlossen. Das landschaftliche Prinzip, für die praktische Pflege der Volkskultur allein fruchtbar, hat sich inzwischen auch hier durchgesetzt. Eine große Zahl von landschaftlichen Liederheften ist in Angriff genommen, von denen bis jetzt erschienen sind: Schlesische Volkslieder, hg. von Th. Siebs und M. Schneider, Breslau 1924; Badische Volkslieder, hg. vom Deutschen Volksliedarchiv, Heimatforscher. Bd. IV. 2) aber dazu bedurfte es natürlich nicht einer so weitgreifenden, überzeitlichen und überlandschaftlichen Sammlung.
Es liegt auf der Hand, daß damit eine Entwicklung an ihrem Ende angelangt ist, die das Volkslied als solches im Wechsel verschiedener Betrachtungsweise zeigt; und es ist nur natürlich, daß die letzte dieser Betrachtungsweisen die kühl wissenschaftliche ist, die von einem Affekt Verhältnis zum Liede oder zum Volke nicht mehr viel spüren läßt, ja die bei ihrem Forschen das Lied ganz vom Volke loszureißen vermag.
Daneben gibt es Sammlungen, die auf landschaftlichem Grunde ruhen. Sie setzen schon in der Romantik ein; aber es ist unverkennbar, daß erst in unserer Generation ihre eigentliche Zeit gekommen ist. Seit den neunziger Jahren wächst die Zahl der provinziellen Volksliederausgaben ständig, namentlich auf süddeutschem Boden. Das erklärt sich natürlich aus dem Erstarken eines bewußten Heimatsinnes und der wachsenden Freude an landschaftlicher und stammheitlicher Sonderart, und es ist auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sehr zu begrüßen, weil davon ein Gegengewicht zu erhoffen steht gegen gewisse Einseitigkeit abstrakter, vom Boden gelöster Volksliedforschung.
Zwar sind auch manche modernen Ausgaben dieser Art noch nicht frei von jener romantischen Voreingenommenheit, die beim echten Volkslied nur Ursprünglichkeit, Schönheit und Tiefe zu finden erwartet und sich deshalb für die Veröffentlichung mit einer Auswahl aus dem gesammelten Gut begnügt; aber es steigert sich doch sehe erfreulich das Gefühl dafür, daß eine von rechtem Heimatsinn geschaffene Volksliederausgabe keine ästhetische Mustersammlung sein soll oder eine Gloriole um das Haupt des Volkes, sondern ein Dokument seiner geistigen und seelischen Art; und im ganzen ist die Zeit vorbei für Vorreden, in denen versichert wird, der Sammler habe „nur solche Stücke aufgenommen, die an sich poetischen Wert haben oder doch eine Volkseigentümlichkeit charakteristisch ausdrücken und schon längere Zeit vom Volke gesungen worden sind“. (Ernst Meier, Schwäbische Volkslieder mit ausgewählten Melodien, Berlin 1855, S. VI.) Als ob nicht auch poetisch minderwertige oder nach anderer Richtung hin unzulängliche oder anstößige Lieder Volkseigentümlichkeiten sehr charakteristisch auszudrücken vermöchten.
Volksmusik: Volkslied-Forschung - Verschiedenes
Siehe dazu auch:
- Aus dem Tagebuch des Varnhagen von Ense (1844) (Politische Lieder)
- Bedeutung des Spiels ()
- Das Bebersche Lied von 1848 ()
- Denkst du daran mein tapferer Lagienka (Hintergrund) ()
- Der Auszug nach Weiler (1848) ()
- Der diebische Müller ()
- Deutschfolk ()
- Die 100 Volkslieder mit den meisten Aufrufen in 2020 ()
- Die Skigebote – Vom Skipech (Ski-Lieder)
- Ein deutsches Volkslied (Wir versaufen unser Oma) ()
- Ein Hundsfott muß der Deutsche sein (1798) (Freiheitslieder)
- Ellis Island ()