Jugend im ersten Weltkrieg (1914)

Wilhelm Eildermann (in: in: Wilhelm Eildermann : Jugend im ersten Weltkrieg . Tagebücher, Briefe, Erinnerungen; Berlin 1972, S. 61 f. (Fritz und Lui waren bei der Marine dienende Brüder Eildermanns ))

Es geht direkt zur Schlachtbank

1. August 1914 , 2 Uhr
Fritz und Lui sind heute morgen um 10 Uhr nach Wilhelmshaven abgefahren. Der ganze Bahnhof voll von Menschen. Die katzenjämmerlichste Stimmung herrschte, die ich je erlebt habe. Mütter, Frauen und Bräute und die übrigen Angehörigen bringen die jungen Männer zum Zuge und weinen. Alle haben das Gefühl: es geht direkt zur Schlachtbank
Trotzdem sinkt die Hoffnung auf Rückkehr natürlich bei keinem.

Einige haben ihre Angst in Alkohol ersäuft. Sie gröhlen Abschiedslieder, keine patriotischen oder kriegsbegeisterten Gesänge. Nicht die Spur! Man versucht, Witze zu machen. Sie gelingen nicht. Auf dem Bahnsteig spielen sich unangenehme Abschiedsszenen ab. Die alte Mutter umarmt ihren Sohn, und beide verharren lange Zeit in dieser Stellung. Abfahrt. Man winkt. Man weint. –

Gestern hat der Kaiser für Deutschland den „Zustand der drohenden Kriegsgefahr“ befohlen. Die Lebensmittelpreise steigen. Man prophezeit Hungersnot.

in: Wilhelm Eildermann : Jugend im ersten Weltkrieg . Tagebücher, Briefe,Erinnerungen; Berlin 1972, S. 61 f. (Fritz und Lui waren bei der Marine dienende Brüder Eildermanns )

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