Der Krieg in Trupermoor (1914)

Albert Lemmermann (Lehrer in Trupermoor, 1915 (in: Handschriftliche Chronik für die Schule zu Trupermoor , 1. Band , Zeitraum 1894-1933)

Die schönsten Minuten für die Kinder

Friedlich verfloß die erste Hälfte des Jahres 1914. Die Bewohner waren bei dem Einbringen der Ernte. Da kam die erschütternde Nachricht    vom Fürstenmord in Serajewo. Ein Sturm der Entrüstung – die Ruhe vor dem Sturm. Der 30. Juli kam näher. Gespannt las jeder die politischen Nachrichten in den Zeitungen. Da kommt am Abend des 31. Juli ein Herr aus Lilienthal mit dem Auto und bringt die Nachricht: „S. Majestät hat über Deutschland den Kriegszustand verhängt.“ Dieses ist noch heute abend im Dorf bekannt zu machen.

Jeder denkt sein Teil. Gespannt warten alle den Sonnabend Abend ab, da dann das entscheidende Wort gesprochen werden soll. Da – 9 1/2 Uhr: Es kommt die Nachricht: „S. Majestät hat die Mobilmachung’von Heer und Flotte befohlen.“ Zettel werden angeschlagen. Alles ist in Aufruhr. Der Gemeindevorsteher bringt die erschütternde Nachricht in jedes Haus und sieht dabei schon manch tränendes Auge. Aber kein Gefühl der Furcht befällt den Reservisten oder Landwehrmann, der in den nächsten Tagen seine Lieben verlassen muß. Voll Gottvertrauen in heiliger Begeisterung stellt er sich ohne Murren seinem Truppenteil. Auch aus unserer Schulgemeinde müssen viele dem Rufe des Vaterlandes folgen.

Aber auch die daheim gebliebenen wollten nicht ruhen. Ihnen öffnete sich jetzt ein großes Feld der Liebestätigkeit. Jeder gab, wenn auch nur ein Scherflein, so doch von Herzen. Wenn in der Schule über die Kriegslage oder unsere Kriegswaffen gesprochen wurde, so waren dies immer die schönsten Minuten für die Kinder. Auch sie brachten manches kleine Opfer. Mancher gab seine kleinen Ersparnisse dem Roten Kreuz. Für den Winter sorgend, fingen die Mädchen an, fleißig für unsere Feldgrauen zu stricken.Das Geld für die Wolle opferten sie selbst. Die Frauen des Dorfes versammelten sich beim Gemeindevorsteher, um dort zu stricken. In der Reichswollwoche gab mancher ein ihm lieb gewordenes Stück dem Vaterland. …

Die Knaben, die eben der Schule entwachsen, gaben sich mit großem Interesse den Übungen der Jugendwehr hin, und wie leuchteten ihre Augen, als ihnen am 7. August 1915 eine neue Fahne in Heidberg   gewidmet wurde. Das liebste Spiel der Schulknaben war natürlich das Kriegsspiel. War ein entscheidender Sieg gemeldet, so wurde für einige Stunden schulfrei gemacht, nachdem den Kindern die Bedeutung klar gemacht war. Meistens war es Hindenburg, der ihnen diese Freude bereitete (August – Tannenberg , Februar – Masurische Seen , Mai – Lemberg , August – Warschau ) Nie werden die Kinder diese siegreichen Tage vergessen. …

Die Schule hatte unter dem Kriege zu leiden. Seit Dezember 1914 mußte der Lehrer (der unabkömmlich war) auch die Schulstelle in Seebergen vertreten. Es wurde deshalb in beiden Orten nur 3 Tage Unterricht erteilt. Auch die vielen Dispensionen im Sommer rissen große Lücken in das Unterrichtsleben. (Der Stoff mußte beschränkt werden.) …

(Auf den folg. Seiten wird deutlich, wie o nehmende Kriegsnot die anfängliche Begeisterung verdrängte)

in: Handschriftliche Chronik für die Schule zu Trupermoor , 1. Band , Zeitraum 1894-1933 , Eintragungen des Lehrers Albert Lemmermann .

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