Die deutsche Flotte (1908)

E. Hölzel (in: Reden und Ansprachen bei Schulfeierlichkeiten)

Rede für Schüler an Kaisers Geburtstag

Weit draußen vor den großen deutschen Strommündungen liegt in der grünen Nordsee die Insel Helgoland, das Sehnsuchtsziel Tausender, die auf sommerlicher Fahrt die Fluten des deutschen Meeres durchfurchen, um plötzlich das kleine grüne Eiland mit seinen bunten Sandsteinwänden vor sich auftauchen zu sehen. Vor mehr als 50 Jahren saß dort einmal der deutsche Dichter Hoffmann von Fallersleben als Verbannter (Anmerkung: Hoffmann war dort zur Kur und nicht als Verbannter!) und sang seine Helmwehlieder, auch sein berühmtes „Deutschland, Deutschland über alles“, das heute zu des Kaisers Feste aus abertausend Kehlen erklingen wird.

Von der Höhe der damals so stillen Insel, die zur Schande unseres Volkes den Engländern gehörte, sah der um sein Vaterland bekümmerte Mann die buntbewimpelten Schiffe aller seefahrenden Völker auf dem deutschen Meere ziehen; aber es war vergebliche Mühe für ihn, unter ihnen auch ein deutsches Kriegsschiff zu erspähen. Da entrang sich seiner Brust der Seufzer:

„Kriegsschiffe sah ich kommen, gehn
kein deutsches hab‘ ich nie gesehn.“
(Anmerkung: Das ist vermutlich eine Lüge)

Es gab damals wie kein Deutsches Reich so auch keine deutsche Flotte, und unsere Landsleute in der Fremde entbehrten jeden Schutzes durch eine starke Regierung, die wie heute auch damals, wenn nötig, mit der Sprache der Kanonen deutsche Rechte und Ansprüche vertreten hätte. Unser Dichter gehört zu den Glücklichen, die den Lebenstraum ihrer Jugend noch sich erfüllen sahen: er hat als ein Siebzigjähriger das neue Deutsche Reich noch begrüßen und besingen können, er hat die deutschen Farben erglühen, die deutschen Kriegsschiffe ziehen sehen.
Aber nun ist ein junges Geschlecht herangewachsen, das gar nicht recht sich denken kann, daß es einmal anders gewesen ist als heute im großen Deutschen Reiche mit seinem mächtigen Kaiser, seinem starken Heere, seiner schmucken und schlagfertigen Kriegsflotte.

Von allen Reichsgedanken wird wohl gerade der Flottengedanke am lebhaftesten, am liebsten von unsrer Jugend gedacht: Nie sind Seemannsgeschichten und Abenteuer auf der Salzflut so beliebt gewesen wie heute, und schon gehört es zu den besonderen Wünschen eines deutschen Knaben, ein Kriegsschiff zu besichtigen, ein Seemanöver zu sehen. Wir veranstalten Flottenspenden, wir unternehmen „Flottenfahrten“, wir gründen Flottenvereine, um das Interesse für unsere Kriegsmarine bei jung und alt zu heben. Den Sinn aber für alles seeemännische Tun und Wesen, das Verständnis für unsere Aufgaben und Ziele im Verkehr auf dem Weltmeere gefördert zu haben, das ist nicht zum wenigsten das Verdienst unseres Kaisers.

Und wenn wir daher heute zu seinem Geburtstage fragen: „Was ist des Kaisers wert an seinein herrlichen Feste?“, so dürfte es eine schickliche Antwort sein, zu sagen: Wenn wir einen Blick werfen in unsers Volkes Geschichte und zwei goldene Blätter aufschlagen, die von des Reichs Herrlichkeit, Macht und Größe zur See uns Kunde geben. Das eine Blatt zeugt vom Unternehmungsgeist und Wagemut des deutschen Bürgertums, das andre vom weitschauenden Blick und von der Tatkraft eines deutschen Fürsten.

Blättern: weiter »

Siehe dazu auch:

Volksmusik nach Themen

Biographien - Gesang in der Schule - Jazz in Deutschland - Kriegserziehung im Kaiserreich - Kriegslieder - Lied und Erster Weltkrieg - Linktipps - Neuigkeiten - Sedanfeiern - Steinitz Volkslieder - Volkserotik und Pflanzenwelt - Volkslied - Volkslied-Forschung - Verschiedenes - Volksliedbücher - Volkslieder - Volkslieder und ihre Geschichte - Volksmusik Praxis - Weitere Musikseiten - Zeitgeschehen -