Die 12 Lieder sind in der Reihenfolge, in der sie bei den aufsteigenden Klassenstufen gelernt werden, folgende: 1) Rasch stehen wir vom Lager auf – 2) Mit hunderttausend Stimmen ruft Hurra hurra hurra – 3) Stimmt an mit hellem hohem Klang – 4) Nun ade du mein lieb Heimatland – 5) 0 Deutschland hoch in Ehren (ganz besonders wirkungsvoll und beliebt) – 6) Wem Gott will rechte Gunst erweisen – 7) Der Mai ist gekommen – 8) Hinaus in die Ferne mit lautem Hörnerklang – 9) Der Gott der Eisen wachsen ließ – 10) Morgen marschieren wir – 11) Das Wandern ist des Müllers Lust – 12) Wohlauf  noch getrunken den funkelnden Wein –  Außerdem werden noch zwei „Speziallieder“ der Anstalt aus dem Kopfe gesungen: das ihr von A. Hermann gewidmete Guts Muths-Lied „Auf mit jugendfrischen Klängen“ und das Dessauer Philanthropinlied „Vollendet Brüder ist der Lauf“; beide Lieder sind vom Gesanglehrer der Anstalt, Herrn Otto Proßdorf , komponiert.
Wollen die Schüler auch nicht eingeprägte Lieder singen – was sie bei rechter Sangesfreudigkeit gern tun – so benutzen sie das bekannte Turnerbüchlein: „Lieder für die rüstige Jugend“, das sowohl wegen seines guten Inhalts als auch wegen seiner Billigkeit – es kostet nur 10 Pfennig – hiermit bestens empfohlen sei.
Gegenüber der hier und da auftretenden abweichenden Meinung, daß solche Einprägen von Liedertexten für höhere Lehranstalten zu elementar sei und lediglich auf die Volksschule gehören, dürfen wir uns mit der freudigen Zustimmung aller derer trösten, denen die innere Hebung unseres Volkstums wahrhaft am Herzen liegt. Es steht einem Primaner oder einem Studenten nicht weniger gut an wie einem ehemaligen Volksschüler, wenn sie solche Lieder gern singen und wirklich singen   können. Vermögen doch gerade diese trauten deutschen Weisen das innerliche Band zwischen den einzelnen Volksschichten, dessen Schwinden immer mehr beklagt wird, enger zu knüpfen und einen einigenden Nachklang auch später noch zu erzeugen, wenn der Einjährig-Freiwillige neben dem aus dem Volke stamnenden Kameraden in Reih und Glied sein Marschlied singt.
Die Schulerziehung, auch an höheren Schulen, sollte mit aller Kraft dafür wirken, daß dieser Liederschatz   bleibendes Eigentum fürs ganze Leben wird. Äußert er doch schon auf der Schule seine segensreiche Wirkung dadurch, daß er die Schüler vom Singen roher Kneiplieder abhält, die Neigung zu wüstem Kommersieren unterdrückt und vor allem den schlimmsten Feind jugendlicher Fröhlichkeit bekämpft, den unsere Sprache mit Recht durch ein Fremdwort brandmarkt, die Blasiertheit. Auf unsere Knaben paßt mutatis mutandis das Wort: „Wo man singt, da laß dich ruhig nieder; blasierte Schüler haben keine Wanderlieder.“ Wo die Blasiertheit nicht aufkommen kann, wo echte, natürliche Jugendfröhlichkeit herrscht, da ist der beste Boden für die Erzeugung einer lebensmutigen, vaterlandsfreudigen und wehrhaften Gesinnung.
Diese herzerfreuende Jugendlichkeit zeigt sich am deutlichsten auf einem Turnmarsche, wo sich Wanderlust mit Sangesfreude eint. Niemals sehen unsere lieben Jungen so frisch und hübsch aus, als wenn sie draußen in freier Luft beim rüstigen Ausschreiten ein Wanderlied singen, das sie können, und das sie ergreift. Wie oft haben wir Lehrer diese Freude empfunden! Auf dem ersten Teile der Wanderung pflegt noch nicht viel gesungen zu werden; da geht es rüstig vorwärts auf scharfem Anstiege in die Harzwälder hinein. Aber auf dem Rückmarsch wird unausgesetzt gesungen, oft stundenlang. Wie röten sich da die Wangen der Knaben unter dem heilsamen Einflusse der Wander- und Sangesgymnastik, wie strahlen die Augen! Selbstverständlich singen wir Lehrer tüchtig und können versichern, daß wir das Hochgefühl, Jugenderzieher zu sein, niemals wärmer empfinden, als wenn wir zwischen der singenden rüstig Wanderschar dahinschreiten.
Wenn unsere Schulen in der heranwachsenden Jugend die edle Freude an volkstümlichen, echt deutschen Weisen zu wecken verstehen, so knüpft sich ein Band zur deutschen Vorzeit, wo solches Singen eine schöne Sitte unserer Väter war: Deutsches Lied tönt ihnen Kunde fort und fort vom deutschen Geist! Vor allem aber wird in den Knaben und Jünglingen die Erfurcht vor heimischem Volkstum, heimischem Sinn und Brauch wachgerufen, unentweqte, opferfreudige Liebe und Treue regt sich in ihren Herzen, wenn sie kameradschaftlicher Marschgesang umtönt:
Wenn die Töne sich verschlingen
knüpfen wir das Bruderband
Auf zum Himmel Lieder dringen
für das deutsche Vaterland
in: Wehrkraft durch Erziehung , herausgegeben von E. v. Schenckendorff und Dr. Hermann Lorenz , Leipzig , 1904 , S. 216 ff

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