Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen (Klöpplerinnen)

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Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
Die Wangen bleich und die Augen rot!
Sie mühen sich ab für einen Bissen,
Für einen Bissen schwarzes Brot!

Großmutter hat sich die Augen erblindet,
Sie wartet, bis sie der Tod befreit –
Im stillen Gebet sie die Hände windet:
Gott schütz‘ uns in der schweren Zeit.

Die Kinder regen die kleinen Hände
Die Klöppel fliegen hinab, hinauf
Der Müh und Sorge kein Ende, keine Ende!
Das ist ihr künftiger Lebenslauf

Die Jungfrauen all, dass Gott sich erbarme
Sie ahnen nimmer der Jugend Lust
Das Elend schließt sie in seine Arme
Der Mangel schmiegt sich an ihre Brust

Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
Seht Ihr die Spitzen, die sie gewebt
Ihr Reichen, Großen – hat das Gewissen
Euch nie in der innersten Seele gebebt?

Ihr schwelgt und prasset, wo sie verderben
Genießt das Leben in Saus und Braus
Indessen sie vor Hunger sterben
Gott dankend, dass die Qual nun aus

Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
Und redet noch schön von Gottvertraun?
Ihr habt es aus ihrer Seele gerissen
Weil sie Euch selber gottlos schaun!

Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
Und fühlt kein Erbarmen in solcher Zeit
Dann werde Euer Sterbekissen
Der Armut Fluch und all ihr Leid

Louise Otto-Peters

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1846 : Zeitraum:


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