III.
Fünf Jahre sind im Kerker schon vergangen
Zum fünften mal kehrt Dein Geburtstag wieder
Ich kam zu Dir mit Sehnen und mit Bangen
Und tief beschämt senk‘ ich mein Auge nieder
Vor Deiner Herrlichkeit in Schmach und Leiden
Vor Deiner Kraft im Dulden und Entbehren
Du sprichst von Liebe nur, von Seligkeiten
Wo andre sich in Schmerz und Zorn verzehren!
Ein Gitter fiel – doch eines ist geblieben
Uns trennend, die wir ewig doch verbunden
Die wir ganz eins im Streben und im Lieben
Wie Tat und Wort seit Jahren es bekunden
O laß mich Dir die Hand durchs Gitter reichen
Du neigst Dich nieder – küßt sie süß und heiß
Dazu des Blickes holdes Liebeszeichen
Kein andres brauchts, da ich so froh Dich weiß
Sieh, Deiner Küsse und des Gitters Spuren
Sind meiner Hand so sichtbar eingeprägt
Wie Nägelmale, wie auf Frühlingsfluren
Ein Quell hervorbricht und drin Wunden schlägt
Von Nägelmalen wissen wir zu sagen
Von Quellen, die als helle Tränen flossen
Doch auch von Blüten, die wir in uns tragen
Die aus den liebeselgen Herzen sprossen!
Louise Otto-Peters
Waldheim, 4. März 1854