Fünfmalhunderttausend Turner (Der freien Turner Höllenfahrt)

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Fünfmalhunderttausend Turner
kamen einstens in die Höll´
und vergnügt ob solchem Zuwachs
rieb der Teufel sich das Fell
Nie, seit Belzebub regieret
quoll ihm so des Segens Born
darum juckt es ihn von hinten
und es juckte ihn von vorn

Schneidig wie ein Gardeleutnant
schritt die Front er auf und ab
brachte durch sein Kommandieren
alle Turnersleut in Trab
„Achtung“ schrie er „Stillgestanden!“
„Rechtsum!“, „Linksum!“, „Vorwärts!“, „Kehrt!“
und es war sein freches Schnauzen
selbst den Teufeln unerhört

„Wart, ihr Pack, euch will ich zwiebeln
bis der Schweiß euch blutig rinnt
denn ihr seid nicht patriotisch
und nicht national gesinnt!“
Debbchen-Götz, der schwarz-weiß-rote,
schmiß euch aus der Turnerschaft
turnen müßt ihr euch zu Tode
turnen bis ihr ganz erschlafft!“

Und sogleich mit Reck und Barren
kam das Teufelsvolk herbei
brachte Ringe, Springel, Seile
und Geräte allerlei
Stäbe, Keulen, Pferd, Gewichte
Leiter, Hanteln, Stein und Bock
kurz und gut, von jeder Gattung
mindestens ein halbes Schock

Und nun ging es an ein Turnen
daß der Schweiß vom Buckel rann
aber jeder dieser Turner
stellte wacker seinen Mann
Keiner wurde matt und müde
keiner wurde faul und schlapp
keiner ließ die Ohren hängen
keiner fiel vom Reck herab

Da erstaunten alle Teufel
und der Oberteufel sprach
„Nun, was gafft ihr dummen Teufel?
Auf , und macht´s den Turnern nach!
Sollen wir uns lumpen lassen
von dem ungehörnten Pack
Auf, und turnt mir wie besessen
diesem Volk zum Schabernack!“

Und sogleich die Stangen, Seile
klomm hinauf die Teufelsschar
schwang am Reck mit Windeseile
sprang bis hundertneunzig gar
schwang die Keulen und die Stäbe
hob Gewichte zentnerschwer
schaukelte sich in den Ringen
als ob´s weiter gar nichts wär

Aber bald in allen Knochen
stellte sich das „Fieber“ ein
und ein jedes Glied gebrochen
schien dem Teufel groß und klein
Und sie fingen an zu winseln
und sie fingen an zu schrein
keiner von den armen Pinseln
wollte mehr ein Turner sein

Da sprach Satanas, der Alte
und er zog die Stirne kraus
„Ihr verfluchten Teufelskerle
schert euch aus der Hölle ´naus
Hier habt ihr nichts mehr zu suchen
wenn ihr uns die Knochen brecht
Fort! Es seid ihr „freien Turner“
für den Teufel selbst zu schlecht!“

Und seit dieser selb´gen Stunde
fährt kein Turner mehr zur Höll´
frohend vor dem Höllenschlunde
wacht ein zottiger Gesell
Aber hier auf Erden wandeln
dürfen wir frisch, froh und frei
drum erhebt die volen Gläser
Bringt ein Hoch der Turnerei!

Text: Ernst Klaar
Musik: Auf ihr Brüder laßt uns wallen
in “ Der freie Turner (1913)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1913 : Zeitraum:
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Geschichte dieses Liedes:

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