Es wollt ein Mann in seine Heimat reisen,
nach Weib und Kind sehnt er sich sehr.
Er aber mußte einen Wald durchstreifen,
da trat plötzlich ein Räuber vor ihn her
Gib her dein Geld, dein Leben ist verloren!
Er setzte ihm den Dolch auf seine Brust
Gib her dein Geld, sonst muß ich dich durchbohren,
Ich morde dich, denn das ist Räuberslust
Ich hab kein Geld, kann dir auch gar nichts geben,
Von Geld und Reichtum ist mir nichts bewußt;
Nimm hin mein Leben, will’s dir gerne geben,
Ich öffne dir zum Stosse selbst die Brust!
Da blieb der Räuber eine Weile stehen
Und sprach: Zum Morden hab ich keine Lust,
denn, aber ach, was muß ich bei dir sehen,
was trägst du da auf deiner bloßen Brust?
Seh ich doch dort das Bild von meiner Mutter,
und hier das Bild von meines Vaters Haus
So bist du ja wahrhaftig doch mein Bruder
und ich steh hier als Räuber, ach o Graus!
Zwölf Jahre haben wir uns nicht gesehen,
Zwölf Jahre haben wir uns nicht gekannt,
Und ich muß jetzt als Räuber vor dir stehen,
Der nach dem Bruder ausstreckt seine Hand!
In tiefem Schmerz umarmten sie sich beide.
Verzeihung! Ach, es ist schon längst geschehn !
Verzeihe mir, wir sehen uns nie wieder
in fremden Ländern solls mir besser gehn
aus dem 19. Jahrhundert
in: Wie´s klingt und singt (1936) — Lieder aus der Küche (1957)