Es wollt ein Mägdlein wohl früh aufstehn
wollt in den grünen Wald spazieren gehn
Und als sie in den Wald nein kam
ei da fand sie einen verwundten Knabn
Der Knab, der war von Blut so rot
und als sie ihn verband, war er schon tot
Wo krieg ich nun sechs Leidfräulein
die mein Feinsliebchen zu Grabe wein´
Wo krieg ich nun sechs Reiterknabn
die mein Feinsliebchen zu Grabe tragn
Wie lange soll ich den trauern gehn
bis alle Wasser zusammen gehn
Ja alle Wasser gehn nicht zusamm
ei so wird mein Trauern kein Ende han
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort I (1856, Nr. 34)
Diese Fassung von „Lied vom verwundeten Knaben im Wald“ steht bei Herder , Volkslieder , 1778 – die beiden ältesten Fassungen von 1533 und 1740 erzählen von einem Mann im Wald, der an seinem Finger (!) leicht verwundet ist, das Mädchen soll nicht erschrecken. In der Fassung von 1740 soll das Mädchen den Mann verbinden, dabei färbt sich ihr Schleier rot. Womöglich Anspielung auf das zerrissene Jungfernhäutchen bzw die Menstruation. In der ersten Fassung kann das Mädchen den Mann nicht „binden“, da sie „mit einem Kinde geht“. Spätere Fassungen haben den sexuellen Inhalt ganz entfernt, teilweise wurde eine verwundete Dame bzw verwünschte Frau gefunden, die im Wald blutete.
Bemerkenswert auch die Strophe „Wo krieg ich nun sechs Reiterknabn, die mein Feinsliebchen zu Grabe tragn“, die so auch im Lied vom treuen Knaben bzw Husar vorkommen nur dass eine junge Frau zu Grabe getragen werden soll.