Es wohnen zwei Schwäne im See
Die schüchtern den Uferrand meiden
Sie schimmern wie blendender Schnee
Durch Schilfgrad und alternde Weiden
Und schaurig umschattet der moor’ge Stein
Die einsamen Klausner bei Tagesschein
Gulieiho Guliho
Nur hoch vom Gemäuer der Burg
Von Zinnen mit tropfendem Moose
Dringt spähend das Auge hindurch
zu grünender Dámmerung Schosse
Gewahret der silbernen Schwäne Tun
Die eng mit verschlungenen Hälsen ruhn
Gulieiho Guliho
Doch hellet das Mondlicht das Grün
Der schattenden Dünen und Hügel
Dann sieht man vereinigt sie ziehn
Still über den wogenden Spiegel
Es wendet sich sorglich des Einen Blick
Oft nach dem ersehnten Geleit zurück
Gulieiho Guliho
Und schwindet erbleichend der Stern
Des Morgens beim Nahen der Sonnen
Und tönet das Glöckchen von fern
Vom Kloster der büßenden Nonnen
Dann wenden die Schwäne sich schnell zur Flucht
Und eilen zur dunkelnden Felsenbucht
Gulieiho Gulio
So trieben die Schwan es schon lang
Zwei Liebende hieß sie die Sage
Doch einstmals im Morgenlicht drang
An’s Ufer süßtönende Klage
Getötet war Einer durch Pfeilgeschoß
Das purpurnes Blut von der Brust ihm floß
Gulieiho Guliho
Der Andre hielt treulich die Hut
Begehrte nicht Speise nicht Hilfe
Bedeckte die Wunden von Blut
Des schneeigen Leichnams mit Schilfe
Und sang noch drei Nächte und Tage lang
Mit brechendem Auge den Totengesang
Gulieiho Guliho
Text: Friedrich KInd (1819)
Musik: Verfasser unbekannt
u. a. in Ausgewählte Unterhaltungen (Friedrich Kind, 1827) — Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)