Es war in Schanghai

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Es war in Schanghai
Um Mitternacht in der Ohio-Bar
da trafen sich drei Tramper
die durch die Welt gezogen war´n
Jim Parker, der kam aus Frisco
aus Hamburg der lange Hein
und Charly, der machte den Vorschlag
Kameraden, wir trampen zu drein

Auf einem Schoner
fuhren sie hinüber nach Hawaii
unter Kokospalmen
sangen leis ein Liedel, die drei
ein Lied voll von Liebe und Treue
ein Lied voll von Heimat und Glück
doch keinen, den packte die Reue
und keiner, der sehnte sich zurück

Es zog sie weiter
bis hinunter an das schwarze Meer
sie bohrten Öl und wurden Reiter
in Koltschaks weißem Freiheitsheer
Sie schlugen sich durch Russlands Steppe
Bis hinunter an den Wolgastrand
sie kämpften für Freiheit und Rechte
und für ein geknechtetes Land

Ach Jim, ach Jimmy
wir müssen nun verlassen dich
dort drunten in der Taiga
liegt ein Grab unter säuselndem Gebüsch
Hier hast du nun endlich deinen Frieden
hier hast du vom langen Trampen Ruh
doch wir müssen weiter nun ziehen
immer weiter nach dem Süden zu

Am Lagerfeuer
ein Wind weht über die Prärie
zur Klampfe greift der Mexikaner
und José sang ja wie noch nie
Er sang von der dunklen Rose
und von der Puszta und Prärie
und Charly, der kleine Franzose
hatte Sehnsucht nach Paris

Und weiter drunten
in einem unbekannten Afrika
wo lichte Sterne funkeln
weiß ich im Urwald noch ein Grab
Ade, du mein lieber Charly
warst mir immer ein guter Kamerad
allein kehr zur Heimat ich wieder
denn ich hab ja das Trampen so satt

Kommst du nach Hamburg
in die Hafenbar zum „Schwarzen Hai“
da findest du bei Kümmel und Rum
den langen Hein, den Vagabund
Er erzählt dir von Jimmy und Charly
und von der Puszta und Prärie
und denkt auch zurück gern an Schanghai
wo sich dereinst trafen sie

Text und Musik: Verfasser unbekannt. Entstanden nach dem Ersten Weltkrieg in der „Bündischen Jugend“ und dem „Wandervogel“. Es gehörte zu den Lieblingsliedern der Kölner Edelweißpiraten.

CDs und Bücher mit Es war in Schanghai:

Anmerkungen zu "Es war in Schanghai"

Jean Jülich (* 18. April 1929 in Köln; † 19. Oktober 2011), der das Lied hier im YouTube-Clip singt, war ein deutscher Widerstandskämpfer. Er war während des Zweiten Weltkriegs Mitglied der Ehrenfelder Gruppe. Diese war Teil der Edelweißpiraten, einer jugendlichen Protestbewegung, die unter anderem in Köln gegen die Nationalsozialisten Widerstand leistete. Er wurde 1984 von der Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern geehrt. (Wikipedia)

Bemerkenswert, dass Jean Jülich hier von dem antikommunistischen „weißen Freiheitsheer“ schwärmt, obwohl er selbst Sohn eines KPD-Funktionärs war und aktiv im Widerstand gegen den Nationalsozialismus höchstwahrscheinlich gemeinsam mit Kommunisten handelte. Das Lied übernahm er vermutlich von älteren Jugendlichen, er selbst war 14, als er zu den „Edelweißpiraten“ stieß:

„1943 kamen der Vierzehnjährige und einige seiner Freunde in Kontakt mit älteren Edelweißpiraten. Die Jüngeren näherten sich den Edelweißpiraten immer weiter an, lernten das Gitarrespiel und die Liedtexte und traten schließlich – als die Älteren zu Reichsarbeitsdienst oder Wehrmacht eingezogen wurden – deren „Nachfolge“ an.“ (Museen Köln)

Koltschaks weißes Freiheitsheer:  „Alexander Wassiljewitsch Koltschak war Monarchist (also Anhänger des russischen Zaren), Admiral der russischen Marine und einer der Anführer der antibolschewistischen „Weißen Armee“ im Russischen Bürgerkrieg im Anschluß an die russische Revolution 1917/1918. Ziel war der „Sieg über den Bolschewismus und die Errichtung von Recht und Ordnung“ und die Wahl einer freien Regierung.  In seiner „Koltschak-Armee“, mit der in Teilen Russlands (u.a. Sibirien) eine Militärdiktatur errichtete, kämpfte unter anderem auch der spätere SS-Obersturmführer, Antisemit und Auftragsschreiber für Goebbels Edwin Erich Dwinger. Zu Koltschak siehe auch den Wikipedia-Artikel.