Es war einmal ein Jungfrau zart

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Es war einmahl ein jungckfraw zart,
es trägt an ihrem beüchlein so hart
man thete es vernemmen,
das sie hett ein schäntzelein gewagt
ietzund trägt sie vnverzagt
die jungckfrawschafft erkennen

Ihre brüstlein schön weiß vnd rundt
sie nit mehr einschnüeren kundt,
als sie theten geschwelten;
fragt die mutter wohl zu rath
sie thät schickhen in das bad
vmb baaders gesellen.

Dem badergsellen sie nicht gefüell,
fragt: was ist dann ewer will?
was wolt ihr mir schaffen? —
Ach, mein lieber baderknecht,
geht mir nit gar wohl vnd recht,
kan ein gantze nacht nicht schlaffen.

Wann ihr nicht nett, wie ich vermein,
Etwas eingefasset! — Soll ich dann ein solche sein
sie sprach, ich bin ein jungckfraw rein,
last mir ohn alle scheine. 2 ) —
Das 3 ) ich eüch dann lassen soll,
thut ihr mich verstehen wohl,
was ich eüch will sagen.

Ich trag bey mir zwey eyselein schlecht
die seyndt nit einem ieden recht,
die ädern auffzuschlagen
eines für die frawen kehrt,
das ander für die jungckfrawlin werth,
so müst ihr mich verstehn.

Wan ich euch jungckfraweyßlein brauch
vnd ihr hett ein kindlein im bauch,
war schon vmbs leben geschehen. —
Da sie diese red vernam,
schenckht sie ihm zween thaler z’lohn,
thet ihm mehr ehr beweisen.

Weil dann das jungckfraweyselein
möcht also gefährlich sein,
so nimbt das fraweneyselein. —
Da merckhet diser bader wohl,
das sie hett ihr bäuchlein voll
vnd kundt ihrs nimmer wenden.

Seyndt dergleichen noch gar vihl,
solch jungckfrawen in der still,
wie mans pflegt zu sehen;
wollen allzeit jungckfrawen sein,
geben der weit denn augenschein,
das sie kindtlein tragen.

Text und Musik: Verfasser unbekannt
Liederhandschrift des Friedrich Schwehle aus dem Jahre 1658 [kgl. öffentl. Bibliothek zu Stuttgart. Hds. Poet, et philol.  O. 43J, S. 128 f. — Zum Stoff vgl. man Jon. Bolte zu Martin Montanus, Schwankbücher [1899], S. 673, Nr. 28 und 652 ff.,  Nr. XLIX [ein anderes Lied auf dieselbe Begebenheit].
Ein ähnlicher Gedanke liegt auch dem Liede mit den Orgelpfeifen bei Ditfurth, Einhundertundzehn Volks- und Gesellschaftslieder des 16., 17. und 18. Jahrhunderts [1875], S. 163 ff., Nr. 40 zu Grunde).
mit obigen Anmerkungen in Schamperlieder, 1908, Blümml

Anmerkungen: so hart = so schwer, Schäntzelein = Spiel, erkennen = zur Schau, ohne alle Scheihe = ohne Scheu

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1658 : Zeitraum:
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