Es steht ein Lind in jenem Tal
Ach Gott, was tut sie da?
Sie will mir helfen trauren, trauren
Daß ich mein’ Lieb’ verloren hab
Ich kam wohl in ein Gärtelein
Darinnen ich entschlief
Mir träumet also süße
Wie mir mein Lieb entgegen lief
Und da ich auferwachet.
Da war es alles nichts
Denn nur die lichten Röselein
Die fielen all herab auf mich
Da brach ich mir der Blättlein ab
so viel als ich ihr fand
Und gabs der Allerliebsten mein
In ihr, in ihr schneeweiße Hand
Da macht sie mir ein Kränzlein draus
Und setzt mirs auf mein Haar
Das Kränzlein tät mich freuen
Viel länger denn ein ganzes Jahr
Und da das Jahr Herum nun war
Das Kränzlein mir verdarb
Was fragt ich nach dem Kränzelein
Da ich mir mein feins Lieb erwarb?
in: Der Spielmann (1914)
gekürzte Version von „Es steht ein Lind in diesem Tal“
nach einem „Fliegenden Blatt“, gedruckt zu Nürnberg, durch Valentin Newber“ (ca. 1550).