Es steht ein Lind in diesem Tal
Ach Gott, was macht sie da?
Sie will mir helfen trauren
Daß ich kein Buhlen Hab
So traur, du feines Lindelein,
Und traur das Jahr allein!
Hat mir ein brauns Meidlein verheißen,
Sie wöll mein eigen sein.
Ich kam wol in ein Gärtelein,
Darinnen ich entschlief;
Mir träumet also süße
Wie mein feins Lieb gegen mir lief.
Sie thät mich freundlich umfangen,
Sie gab mir viel der Freud;
Nach ihr steht mein Verlangen,
Ich wünsch ihr viel der guten Zeit.
Und da ich auferwachet.
Da war es alles nicht:
Denn nur die lichten Röselein
Die reisten her auf mich.
So reis, so reis, feins Röselein,
So laß dein Reisen sein;
Hat mir ein feins Meidlein verheißen
Sie wöll mein eigen sein.
Da brach ich mir der Blättlein ab
Als viel als ich ihr fand.
Und gabs der Allerliebsten mein
In ihr schneeweißen Hand.
Da macht sie mir ein Kränzlein draus
Und setzet mirs auf mein Haar;
Das Kränzlein thät mich erfreuen
Viel länger denn ein Jahr
Und da das Jahr Herumher war
Das Kränzlein mir verdarb
Was fraget ich nach dem Kränzelein
Da ich mein feins Lieb erwarb?
Das Liedlein sei gesungen
Der Liebsten zu Dienst gemacht
Ich wünsch ihr viel Freud und Wunne
Und auch viel guter Nacht
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 406 „Die Linde im Tal“)
Die zweite Melodie später auch im Wandervogel gesungen: Es steht ein Lind in jenem Tal