Es sah ein Knab ein Röslein stehn
Ein Röslein auf der Heiden
Er sah, es war so frisch und schön
Und blieb stehn, es anzusehen
Und stand in süßen Freuden
Röslein, Röslein, Röslein rot
Röslein auf der Heiden!
Der Knabe sprach: „Ich breche dich!
Röslein auf der Heiden
Das Röslein sprach: „Ich steche dich
Daß du ewig denkst an mich
Daß ich’s nicht will leiden!“
Röslein, Röslein, Röslein rot
Röslein auf der Heiden!
Jedoch der wilde Knabe brach
Das Röslein auf der Heiden
Das Röslein wehrte sich und stach
Aber er vergaß darnach
Beim Genuß das Leiden!
Röslein, Röslein, Röslein rot
Röslein auf der Heiden!
Text: Verfasser unbekannt (1773)
Musik: Komponist unbekannt – in: Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen (1838) , 2. Heft, Nr.1, Böhme ordnet diese Melodie in Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895) Johann Friedrich Reichardt zu
Womöglich ist der Text aber eine erste Version des Heiderösleins von Goethe? Herder bringt dieses ganz ähnliche Gedicht in dem oft zitierten, 1773 veröffentlichten, fiktiven (!) Briefwechsel über „Über Ossian und die Lieder alter Völker“. Er überschreibt es mit „Fabelliedchen“ und merkt dazu an: “ Es enthält zwar keine transzendente Weisheit und Moral, mit der die Kinder zeitig genug überhäuft werden – es ist nichts als ein kindisches Fabelliedchen. Ist das nicht Kinderton?“