Es ritt ein Ritter wol durch das Ried
er fing es an ein neues Lied
gar schöne tät er singen
daß Berg und Tal erklingen
Das hört des Königs sein Töchterlein
in ihres Vaters Schlafkämmerlein
sie flocht ihr Härlein in Seiden
mit dem Ritter wollte sie reiten
Er nahm sie bei ihrem seidnen Schopf
und schwung sie hinter sich auf sein Roß
Sie ritten in einer klein Weile
wol vier und zwanzig Meilen
Und da sie zu dem Wald naus kamn
das Rößlein das will Futter han
Feins Liebchen hier wollen wir ruhen
das Rößlein das will Futter
Er spreit sein Mantel ins grüne Gras
er bat sie daß sie zu ihm saß
Feins Liebchen ihr müsset mir lausen
mein gelbkraus Härlein durchzausen
So manches Schauen und das sie thät
so manches Tröpflein fiel auf die Erd
Er schaut ihr wol unter die Augen
Warum weinet ihr schöne Jungfraue
Warum sollt ich nicht weinen und traurig sein
ich bin ja des Königs sein Töchterlein
hätt ich meinem Vater gefolget
Frau Kaiserin wär ich worden
Kaum hätt sie das Wörtlein ausgesagt
ihr Häuptlein auf der Erden lag
Jungfräulein hättst du geschwiegen
dein Häuptlein das wär dir geblieben
Er kriegt sie bei ihrem seidnen Schopf
und schlenkert sie hinter ein Hollerstock
Da liege feins Liebchen und faule
mein junges Herze muß trauren
Er nahm sein Rößlein bei dem Zaum
und band es an ein Wasserstrom
Hier steh mein Rößlein und trinke
mein jung frisch Herze muß sinken
Diese Fassung von Es ritt ein Reiter wohl durch das Ried in: Friedrich Nicolai : Ein feiner kleiner Almanach , II Jahrgang, Berlin und Stettin , 1778 — Nach mündlicher Ueberlieferung berichtigt –
in: Des Knaben Wunderhorn I, 1805 — Deutscher Liederhort (1856, Nr. 28 „Der Ritter und die Königstochter“) — St. Georg Liederbuch deutscher Jugend (1935) —