Es leyt ein Schloß in Österreich (zur Melodie)

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Es liegt ein Schloß in Österreich
das ist so wohl erbauet
von Zimmet und von Nägelein
wo find’t man solche Mauren

Böhme schreibt im Liederhort (S. 208f.): „Die durch ganz Deutschland bis zum Norden verbreitete Ballade von dem Gefangenen im Schlosse zu Österreich ist wahrscheinlich erst am Ende des 16 Jahrhunderts entstanden, weiter zurück reichen die Spuren nicht. Nun besitzen wir zwar zwei Melodien, welche für höheres Alter des Textes zu sprechen scheinen: a) aus dem 15. Jahrhundert im Berliner Liederbuch. Eine, bloß mit der Anfangszeile:

„Es leyt ein Schloß in Österreich …“

und b) die Melodie bei Forster II, 1540, Nr 77 nur mit der Anfangsstrophe:

Es liegt ein Schloß in Österreich (Forster, 1549)

Es liegt ein Schloß in Österreich
das ist so wohl erbauet
von Zimmet und von Nägelein
wo find’t man solche Mauren
ja Mauren

Haben diese Melodien aber ursprünglich zur Ballade vom Gefangenen oder zu einem ältern märchenhaften Liebesliede gehört? Das ist nicht nachzuweisen Uhland (Schriften 4 146) glaubt: Die Ballade stamme erst aus dem Ende des 16 Jahrhunderts und sei kaum älter. Die Anfangsstrophe bei Forster sei einem ältern Liede mit gleichem Anfange entlehnt ,das aber verloren gegangen sei. Auf dieses verlorene Lied bezögen sich die Melodie und die Tonangaben im 16 Jahrhundert.

Das Schloß aus Silber und Marmor oder gar aus Zimmt und Nägelein erbauet, ist allerdings nicht in Österreich, sondern im Ostlande, Morgenlande, im Lande der Fabel und Märchen zu suchen. Und eine solche Beschreibung als Einleitung passt weniger zu einer Ballade als zu einem Liebesliede ähnlichen Anfangs: „Dar licht ein stat in Osterrik (Uhland17 A) oder zum Abenteuer eines Schlemmers „Es steht ein Baum in Österreich der trägt Muskatenblumen„.

Wie es denn nun auch um den Ursprung unserer alten Melodien stehen mag, jedenfalls ist die Ballade und das Märchenlied, wie ja eine Tongabe bezeugt, nach gleicher Melodie gesungen worden und darum habe ich sie vorgesetzt. Wo man zu einem neuern Liede einen alten Textanfang herübernahm, geschah es doch immer um der Melodie willen. Dazu erscheint Forster’s Weise doch nur als eine Variante des Falkenstein’s (1544):

Es liegt ein Haus im Oberland
das ist gar wohl erbauet
da reit der Herr von Falkenstein
auf seinem braunen Gaule
ja Gaule

Es lag also nahe, dieselbe Weise auch auf eine Ballade von ähnlicher Gefangenschaft anzuwenden.

Die Melodie im Berliner Liederbuche, vermutlich aus Schlesien stammend, ist etwas konfus notiert, in vierfach größern Noten ohne Vorzeichnung des b mit Taktzeichen C 2. Taktzeichen

Die Schlußzeile ist entschieden fehlerhaft, da auch mit Taktwechsel nicht auszukommen ist. Ich habe bei 1 die Note gekürzt, bei 2 und 3 den Punkt weggelassen und die Note verlängert. Zu beachten ist die alte feine Schlußform, nicht der untere Leiteton, sondern ein Terzsprung führt in den Finalton.

Das Original bei Forster steht durchweg im geraden Takt. Wer solche Unnatur wieder herstellen will, setze nach der ersten Note den Taktstrich und fahre damit so fort wie Erl im Liederhort S. 37 getan. Die Notendauer des Originals ist oben getreu wieder gegeben nur letzte Note im 8. Takt gekürzt.

Das niederdeutsche Fragment fand Erk in Newe Avisen oder Lustiges und ganz kurzweiliges Quodlibet Von Daniele Friderici Isleb Rostock 1635. Fabricius Liederbuch 1603 Nr 188 bringt zu unserer Ballade die Melodie „Ich weiß ein Blümlein hübsch und fein“ = „Ich hab mein Sach Gott heimgestellt“. Altertümlich klingt die niederlausitzer Mollmelodie und paßt besser zur düstern Ballade als die heitere Durmelodie. Sie steht nach F-moll versezt auch zum schwedischen Volksliede bei Geijer und Afzelius II S 14 Nr 40. Vermutlich kam sie mit dem deutschen Texte durch Soldaten im dreißigjährigen Kriege nach Schweden.4

Liederthema:
Liederzeit: vor 1500 : Zeitraum:
Geschichte dieses Liedes:


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