Es ist nit Tag, es taget schier
Der Tag der ist mit Freuden hie
Hält ich den Tag in meinem Schrein
So müßt er mein Gefangner sein
„Und dein Gefangner will ich nit sein
Ich fahr dahin und laß dich hie“
Fährst du dahin und läßt mich hie
Was läßt du mir zur Letze hie?
„Was soll ich dir zur Letze lan?
Es geht mir leider nit fast Wohl.“
,Geht dirs nit wohl, es ist mir leid
Mein feins Lieb hat mir abgeseit
Er gab mir Urlaub vor der Zeit,
Fürwahr er buhlt ein ander Weib
Buhlt er ein Weib, buhl ich ein Mann
Damit scheidt sich die Lieb von dann
„Ach Frau, ihr habt ein stolzen Leib
Ich mein, ihr seid eins Grafen Weib.“
Und bin ich schon eins Grafen Weib.
So zeucht er mir ein stolzen Leib
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 809 „Tagesanbruch“, ohne Melodie)
„Die Melodie hat sich nicht gefunden. Weil das Lied zusammengedruckt ist mit „Eppele von Gailingen“ (s. oben Nr. 230), so darf man gleiche Melodie vermuten, aber auch diese ist ungekannt.
Erklärungen:
- 5.3: Zeucht = zieht, erzieht. Das deutet auf Prügel, welche die schöne Gräfin von ihrem Gemahl erhielt. Aus Strophe 4 erfahren wir, dass die verstoßene Gattin, deren Mann mit anderen Weibern buhlt, sich durch gleiches Tun rächen und schadlos halten will. (Böhme)