Einsmals in jenem tiefen Thal
Der Kuckuk und die Nachtigall
Täten ein Wett anschlagen
Zu singen um das Meisterstück
Wers gewönn aus Kunst oder durch Glück,
Dank sollt er davon tragen
Der Kuckuk sprach: „So dirs gefällt
Ich Hab zur Sach ein Richter erwählt,“
Und tät den Esel nennen:
„Denn weil er hat zwei Ohren groß
So kann er hören desto baß
Und, was recht ist, erkennen.“
Sie flogen vor den Richter bald.
Wie ihm die Sachen ward erzahlt.
Schuf er, sie sollten singen
Die Nachtigall sang lieblich aus
Der Esel sprach: „Du machst mirs kraus
Ich kanns in Kopf nit bringen.“
Der Kuckuk drauf ansing geschwind
Kuckuk ! sein Gsang durch Terz, Quart, Quint
Und tät die Noten brechen
Er lacht auch drein nach seiner Art
Dem Esel gefiels, er sagt: „Nun wart.
Ein Urteil will ich sprechen.
Wohl gesungen hast du, Nachtigalle
Abr. Kuckuck, du singst gut Choral
Und hältst den Takt fein innen
Das sprich ich nach meim hohn Verstand
Und kostets gleich ein ganzes Land
So laß ich dichs gewinnen.“ —
Solch Richter das sind diese Gsellen
Welch von der Musik Urteil fällen
Die sie doch gar nit künnen.
Ein solcher Narr schwieg leichter still,
Der von der Sach will plappern viel.
Wie von der Färb die Blinden
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1783 „Die Kunstrichter“)
vertont von Gustav Mahler „Lob des hohen Verstandes“