Einst reist ich in die Welt

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Einst reist ich in die Welt
Einst reist ich in die große Welt
Wo nichts als Lug und Trug gefällt
Einst reiste ich in die Welt

Hier kam ich in ein Land
Hier kam ich in ein herrlich Land
Wohl allenthalben ist’s bekannt
Hier kam ich in ein Land

Das Land hatte eine Stadt
Das Land hat eine große Stadt
Drin aß man sich mit Freude satt
Das Land hatte eine Stadt

Die Stadt hatt auch ein Schloß
Die Stadt hatte auch ein mächtig Schloß
Nicht achtend Feindes Schuß und Stoß
Die Stadt hatte auch ein Schloß

Im Schlosse wohnt ein Mann
Im Schlosse wohnt ein reicher Mann
Der viel verthat doch mehr gewann
Im Schlosse wohnt ein Mann

Der Mann hatt einen Stall
Der Mann hatte einen großen Stall
Da war viel Fuder überall
Der Mann hatte einen Stall

Im Stalle stund ein Pferd
Im Stalle stund ein Modepferd
Das war wohl tausend Thaler werth
m Stalle stund ein Pferd

Das Pferd sprang in das Feld
Das Pferd sprang in das grüne Feld
Das ihm zur Weide war bestellt
Das Pferd sprang in das Feld

Beim Felde stund ein Wald
Beim Felde stund ein düstrer Wald
Der wilden Thiere Aufenthalt
Beim Felde stund ein Wald

Im Walde gieng ein Reh
Im Walde gieng ein trotzig Reh
Das trotzt auf seiner Läufe Höh
Im Walde gieng ein Reh

Das Reh warf sich ins Gras
Das Reh warf sich ins frische Gras
Wovon das Pferd dann nimmer aß
Das Reh warf sich ins Gras

Das Gras ward schnell zu Heu
Das Gras ward schnell zu trocknem Heu
Und zu des Pferdes Leckerei
Das Gras ward schnell zu Heu

Das Heu kam jetzt zu Haus
Das Heu kam in des Herren Haus
Und barg wohl manche Ratt und Maus
Das Heu kam jetzt zu Haus

Im Hause war ein Knecht
Im Hause war ein Jägerknecht
Der schoß auch fernes Wild nicht schlecht
Im Hause war ein Knecht

Der Knecht gieng in die Scheun
Der Knecht gieng in die große Scheun
Die seine Ruhbank pflegt zu seyn
Der Knecht gieng in die Scheun

Die Scheune hat ein Thor
Die Scheune hat ein Plankenthor
Da trat der Jägerknecht hervor
Die Scheune hat ein Thor

Das Thor hat einen Gang
Das Thor hat einen ebnen Gang
Der war wohl meist so breit als lang
Das Thor hat einen Gang

Im Gange lag ein Fuchs
Im Gange lag ein schlauer Fuchs
Der schalt auf Roß und Reh wohl flugs
Im Gange lag ein Fuchs

Der Fuchs war euch ein Schalk
Der Fuchs war euch ein loser Schalk
Zu schaden rüstig wie ein Falk
Der Fuchs war euch ein Schalk

Der Schalk sagt euch ein Wort
Der Schalk sagt ein gefährlich Wort
Und traf den Kern doch immerfort
Der Schalk sagt euch ein Wort

Dieß Wort vernahm der Knecht
Dieß Wort vernahm der Jägerknecht
Beachtet’s und bedacht es recht
Dies Wort vernahm der Knecht

Der Knecht bestieg sein Pferd
Der Knecht bestieg sein muntres Pferd
und hatte sich sehr wohl bewehrt
Der Knecht bestieg sein Pferd

Auf sucht der Gaul das Reh
Auf sucht der Gaul das junge Reh
Und drohte ihm mit Angst und Weh
Auf sucht der Gaul das Reh

Das Reh sprang durch den Busch
Das Reh sprang durch den Dornenbusch
Daß sich sein Fell im Blute wusch
Das Reh sprang durch den Busch

Im Busche war ein Nest
Im Busche war ein Vogelnest
Das war seit Kurzem dürr und fest
Im Busche war ein Nest

Im Neste saß ein Staar
m Neste saß ein magrer Staar
Er nahm das Reh von ferne wahr
Im Neste saß ein Staar

Der Staar flog in die Luft
Der Staar flog in die freie Luft
Und flattert schüchtern pfeift und ruft
Der Staar flog in die Luft

Darob erschrack das Pferd
Darob erschrack das scheue Pferd
Von seines Jägers Sporn versehrt
Darob erschrack das Pferd

Hui sprangs auf einen Pfahl
Hui sprangs auf einen spitzen Pfahl
Und blutend starb’s in großer Qual
Hui sprangs auf einen Pfahl

Das arme Pferd war tot
Das Reh erlöst vom Hussa-Trott
Der Fuchs vom Jäger hart bedroht
Und Holland sein in Not

Text: Verfasser unbekannt – als „Ein altes Volkslied „Parabola de insidiis libertatis“ überschrieben, schon in  S. Postels poetische Nebenwerke, 17os
u. a. in: Poetischer Lustwald (1819) —  Der Kinder Lustfeld (1827)

 

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1708 : Zeitraum:
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