Einmal thät ich spazieren
Sunderbar allein:
Was thät doch mich verführen?
Ein Weglein das was klein
Das sauber und lustig was
Mit dem da thät ich finden
Mit meinen schnellen Winden
Ein Thierlein in dem Gras.
Die Hündlein thäten bellen
Das Thierlein an;
Ich ließ mein Hörn erschellen
Garwohlgethan.
Das Thierlein leibfarb was;
Es liebet mir im Herzen
Ich jagts mit großen Schmerzen
Bis mirs zu Theile ward.
Das Thierlein thät ich fällen
Mit meiner Hand
So gar in schneller Eile
Ich es bald fand
Löst auf ihrs Herzens Strick
Amor hat uns geschossen
Venus hat uns getroffen
Mit Liebes-Aneblick.
Wir thäten ein wenig rasten
Denselben Tag;
Venus die thät nit fasten
Der Liebe pflag,
Mit freudenreichem Schall:
Sie ist die Schönst auf Erden
Nicht lieber mags mir werden
Sie geliebt mir überall.
O weh, daß sie mußt scheiden!
Ihr Herz ward krank
Vor großem Schmerz und Leide
Sie niedersank
0 weh der großen Noth!
und müssen wir von hinne
Das nimmt mir Muth und Sinne
Lieber wär mir der Tod!
0 Leibfarb, du viel schöner
Mein Augenschein!
Du trägst bei dir verschlossen
Das Herze mein
Mein Sinn und mein Gemüth
Hiermit da mußt ich wandern
Ein Kuß gieng um den andern
Daß sie mir Gott behüt!
Und wenn ich jetzt gedenke
An das schöne Weib
An ihre liebliche Schwänke
Und stolzen Leib
Auch ihr braun Aeuglein klar
So red ich das ohn Gefährde:
Sie ist mein Herzen ein Beschwerde
Ein große Pein fürwahr.
Der uns das Lied hat gsungen
Aus frischem Muth
Das thät ein Schreiber junge
Von frischem Blut
Seiner Allerliebsten zart
Er hats gar oft gesungen
Von feinem Lieb ist er kommen
Freut sich der Wiederfahrt
Text: Verfasser unbekannt – 1560
Musik: Gleiche Melodie wie „Von Gott will ich nicht lassen“ („Une jeune fillette“ bzw Almande Notte)
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1446 „Begegnung des Jägers (Wegelied)“)
Um 1570 fand das Lied eine Umdichtung als „geistliches Wegelied“. Seine Melodie wurde um 1572 dem Kirchenliede: „Von Gott will ich nicht lassen“ geeignet und blieb als evangelischer Choral erhalten bis heute.
Die Geschichte hat große Ähnlicheit zu dem frivolen „Ich ging einmal spazieren…“