Ein Veilchen blüht im Tale
Erwacht am Morgenstrahle
So duftig und so blau
Ist keins mehr auf der Au
Still guckt es aus dem Moose
In seinem goldnen Schoße
Blinkt Tau so hell und rein
Wie flüß’ger Edelstein
Willst hier so ungesehen
in kaltem Moos vergehen?
Komm mit in mild’res Tal
In schön’rer Sonne Strahl
Sollst dort in lauern Zonen
In Blumenhügeln wohnen
Wo nie der Schnee vergeht
Doch ew’ger Frühling weht
Das Veilchen ließ sich pflücken
Ein mild’res Tal zu schmücken
Und dunkler schien sein Blau
In blendend weißer Au
Und von des Busens Klopfen
Entfiel des Taues Tropfen
Nie schön’re Stelle fand
Der reichste Diamant
Wie zart der Tropfen schmückte
Das Veilchen sah’s und drückte
In süßem Liebeswahn
Den Kelch noch inn’ger an
Im Sitz der Lenzeslüfte
Verhaucht‘ es seine Düfte
Am reinsten Sonnenstrahl,
Und starb im schönsten Tal
Text: Friedrich Kind (1817)
Musik: a) C. Maria von Weber — H. G. Nägeli
Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895