Ein Mädchen holder Mienen
schön Hannchen saß im Grünen
am Rädchen, spann vergnügt
Sie sang: „Ich kanns wohl sagen
wie froh in manchen Tagen
die liebe Zeit verfliegt
Mein Tagwerk zu vollenden
ist nur ein Spiel den Händen
Oft findet mich schon früh
Die liebe Sonne munter
Und geht sie Abends unter
Bin ich noch wach wie sie
Wer Arbeit nur nicht scheuet
Und sich des Lebens freuet
Dem lacht der Himmel Ruh
Drum sitz ich armes Mädchen
Und drille drill ein Fädchen
Und sing ein Lied dazu
Als sie kaum ausgesungen
Da kam daher gesprungen
Ein Ritter jung und fein
Ritter spricht: So fleißig?
Ach ja mein Herr zu dienen
Will man sein Brot verdienen
Muß man wohl fleißig sein
Dein Brot o liebes Mädchen
Mit einem Spinnerädchen
Und Wänglein doch so rot
Hast du Eltern
Ach nein ich habe keine
Ich bin nur ganz alleine
Früh nahm sie mir der Tod
Doch spür ich nichts als Segen
Auf allen meinen Wegen
Denn Mangel leid ich nicht
Ein Mädchen kann durch Spinnen
Sich leicht so viel verdienen
Daß ihr’s an nichts gebricht
Ach höre liebes Mädchen
Laß dieses Spinnerädchen
Ach schenk dein Herze mir
Sollst Schätze ja gewinnen
Will dir ein Leben spinnen
Ein Fürstenleben dir
Im schönsten meiner Schlösser
Das groß und wohl noch größer
als dieses Dörfchen hier
Das Wall und Graben zieren
Sollst Du allein regieren
Wenn du gefällig mir
Sollst gehn in lauter Seide
Sollst tragen ein Geschmeide
Von Perlen und von Gold
Und was du wirst begehren
Soll man dir gleich gewähren
Nur Mädchen sei mir hold
Herr Ritter, nein! dies Rädchen
Erwiderte das Mädchen
Dies Rädchen laß ich nicht
Will lieber Tugend haben
Als alle goldne Gaben
Die mir Ihr Mund verspricht
Mich schmücket dieses Bändchen
Es wies mit seinem Händchen
Aufs Busenbändchen hin
Wohl mehr als Gold und Seide
Denn köstliches Geschmeide
Ziemt keiner Spinnerin
Doch weil Sie Gnade haben
So will ich Ihre Gaben
Für Andre hier erflehn
Mein Nachbar hier daneben
Hat Kinder, nichts zu leben
traurig ists zu sehn
Und sonst war hier im Lande
kein Mann in besserm Stande
Noch fleißiger als der
Sein Glück und Wohlergehen
War eine Lust zu sehen
Und ach nun hungert er
Schön waren seine Herden
Er fuhr mit raschen Pferden
Sein Hof geriet in Brand
Da war dies allzusammen
Ein Raub der wilden Flammen
Und öde liegt sein Land
Herr Ritter Sie gewähren ….
Hier hemmt ein Strom von Zähren
Des Mädchens gutes Wort
Der Ritter husch im Wagen
Befahl davon zu jagen
Und plötzlich war er fort
Will von der Tugend Wegen
Wie böse Ritter pflegen
Euch wer, o Mädchen, ziehn
So spornt ihn an zu Taten
Die edles Herz verraten
Und plötzlich wird er fliehn
Text: Heinrich Wilhelm von Stamford (1781)
Musik: Volksweise aus dem Brandenburgischen
Zuerst im Voss Musenalmanach 1781 S 105 Wurde sehr beliebt und wird gekürzt noch jetzt im Elsaß gesungen (Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895)