Die Mutter sprach zum Töchterlein fein
„Bleib mir daheim im Haus !
Und laß mir nur kein Bübichen nein
guck nit zum Fenster ’naus!“
Das Töchterlein wider das Mütterlein sagt
und weinte sehr dazu:
„Ach Merga Box Mutter, mein Müttcrlein
Gesellchcn lan mir kein Ruh.“
Die Mutter sprach: O Töchterlein mein.
Den Gsellen trau nit z’viel!
Sie bringen oft die Mädichen fein
Gar bald in traurigs Spiel
Das Töchterlein wider das Mütterlein sagt:
„Ich weiß nicht, wie ich tu
Ach Mütterlein, Gselle und Bübichen
Sprechen mir immer darzu.“
Die Mutter sprach zum Töchterlein zart:
Ich habs erfahren oft
Daß manches schöne Mädichen
ward Betrogen unverhofft
Das Töchterlein wider das Mütterlein sprach:
„Du sagst mir viel davon.
Ach Merga Box Mutter mein, gib mir ein Mann
Sonst weiß ich ihm nimmer zu tun ! “
Text und Musik: Verfasser unbekannt
Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 833 „Der Mutter Warnung“)
Melodie mit der 3. Strophe in der Münchner Handschrift des Werlin aus dem Kloster Seon um 1646 (Altdeutsches Liederbuch 228). Der vollständige Text aus einer Handschrift zu Anfang des 17. Jahrhunderts, im Besitze des Herrn Dr. Fr. Zelle in Berlin, der mir Abschrift gütigst mittheilte.