Die höchste Freud, die ich gewann
ist mir zu Trauren kommen
Der Unfall hat mirs angetan
die Freud ist mir genommen
Und das schaff nichts als Scheidens Not
muß meiden nun ihr Mündlein rot
ach, wie bringt mir das Lei den!
Den Unmut, den ich im Herzen trag
Den muß ich länger dulden
Deshalb ich selbst mir viel gemacht
Daran hat sie kein Schulden
Den will ich trag’n bis auf sein Zeit
Bis daß mir Freud mein‘ Unmut vertreibt
Sie kann mir Kummer wenden
Das Nesselkraut, das sie mir gab
Das wächst in ihrem Garten
Sie spielt mit mir und ich mit ihr
Drei Schanz auf einer Karten
Die ersten Schanz, die ich gewann
Daß sie mir bot ihr Mündlein schön
Freundlich in aller Eile
Do macht sie mir ein Kränzelein
Von Veil und von Rosen
Sie sprach: Setz dich zu mir herein
Tu freundlich mit mir kosen
Sie band mir das Kränzlein auf den Hut
Sie sprach zu mir: Sei wohlgemut
Ich will bald wiederkummen
Ich trau ihr wohl zu aller Stund
Der ich lang Hab gedienet
Sie hat mich oft gar hoch erfreut
von mir wird sie gekrönet
Sie schleußt mich in ihr Herz hinein
Und läßt mich ihr befohlen sein
Allzeit in ihrer Liebe.
Do ich am nächsten bei ihr was
Tät ichs freundlich umbfahen:
Gesegen dich Gott, du feines Lieb!
Da laß dir nicht verschmähen.
Und beut mir dein schneeweiße Hand
Gib mir dein Treu zum Unterpfand
Von dir will ich nicht weichen!
Weichst du von mir, was schadt mir das?
Ich find wol deinesgleichen!
Und do ich nächten bei ihr was
Thät mir ein Heimlichs beichten.
Das Beichten das ist mancherlei:
Feins Lieb du weißt wol mein‘ Bescheid
Von dir will ich nicht weichen!
Ach was hat dir der Rocken getan,
Daß du nicht magst mehr spinnen?
Du siehst mich über die Achsel an,
Sam wöll er dir entrinnen.
Feins Maidlein, so nimm dir wohl der Weil
Daß dich der Rocken nicht übereil
Grüß mir die Spinnerinne!
Der uns dies Liedlein hat gedicht.
Und Neues hat gesungen
Ein Rockenmaidlein zugericht
Die Lieb hat ihn bezwungen
Er denkt ihr oft und wünscht ihr Heil
Sie ist ihm um kein Geld nicht feil
Die selbig Spinnerinne
Text und Musik: Verfasser unbekannt
Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 465)
„Das Lied von der Spinnerin muß im 15. Jahrhundert schon beliebt gewesen sein, denn 1505 gabs eine geistliche Parodie darauf“ (Böhme)