Die Bauern von St. Pölten

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Die Bauern von St. Pölten

Die Bauren von St. Pölten
darzu die ganz Gemein
Sie ritten auf ein Hochzeit
Ihr Keiner blieb daheim.

Sie hatten alle Sporen
Allein der Richter nicht:
Der hatt‘ ein alt Paar Stiefeln
Die hatten kein Sohlen nicht.

Sie ritten alle Hengste
Allein der Richter nicht:
Der ritt ein faule Märe
Das Füllen das lief mit.

Da hubens an zu rennen
Wohl über Stein und Stock
Der Bräut’gam war der vorderst
in seinem blauen Rock.

Da gingen sie zur Kirchen
Mit Trommel und Pfeifen gut
Und hatten im Wirthshause
Ein leiden-guten Mut.

Was gab man ihn’n zu essen?
Ein dicken, dünnen Brei:
Da kam des Bräutgams Vater
Und fiel mit der Nase drein.

Was hatten sie zu trinken?
Ein süßen sauren Wein;
Da wollt ein jeder Flegel
Der Nächst‘ beim Fasse sein.

Und da sie waren trunken
Da hubens ein Hader an
Hieb einer seim Gesellen
Ein Wund, daß Blut rauß rann.

Sie zogen all vom Leder
Allein der Schulze nicht
Der nahm ein‘ Ofenkrücke
Und wehrt sich wunderlich,

Der Lärm war kaum gestillet
Sie fing’n ein andern an
Bis daß ihr neun tot blieben
wohl auf demselben Plan

Das Lied das sei gesungen
Den Bauern zu guter Nacht:
Sie sind grob, stolz, unnütze
treiben jetzt die größte Pracht

Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1536 „Die Bauern von St. Pölten“)

Text nach Uhland 248, der ihn aus einer Handschrift des 16. Jahrhunderts auf der Bibliothek zu Brieg durch Hoffmann erhalten hatte. — Die Melodie mit untergelegter erster Strophe bei Werlin 1646, III, S. 1968. Original s. Altdeutsches Liederbuch 296.

CDs und Bücher mit Die Bauern von St. Pölten:

Anmerkungen zu "Die Bauern von St. Pölten"

Die Melodie zeigt uns den Taktwechsel von 3/2 und 2/2, nach Art der süddeutschen Bauerntänze. Das Original hat in vierfach größeren Noten 3/1-Takt vorgezeichnet und die dreizeitigen Takte durch schwarze Noten dargestellt. Dem entsprechend muß man sich die Ausführung hier durchweg im 3/4-Takt vorstellen, wobei abwechselnd Synkopen auftreten.

Eine andere Melodie bei Nik. Zange, Musikalischer Zeitvertreiber 1609, Nr. 12 nur als Fragment in einem Quodlibet erhalten:

Andere Melodie von 1609

Das Lied ist ein Spottlied auf das Treiben der Bauern bei einer Bauernhochzeit zu St. Pölten in Österreich, nach Art der alten Neidharte (Neidhart). Witzelnd zweimal als Refrain der Bauernruf an die Zugpferde angebracht: wüste! (links) hott! (rechts zu gehen).

Erklärung.
5, 4 leiden-guten Mut, sakramentisch guten = ausgelassenen Sinn ; leiden: beim Leiden Christi!

Andere Textfassung:

Die Bauern von St. Pölten
dazu die ganze Gemeind´
die ritten auf ein Hochzeit
und keiner blieb daheim

Sie ritten alle Hengste
nur einer eine Mähr
der Richter einen Esel
der weiser war als er

Drauf huben´s an zu rennen
wohl über Stein und Stock,
der Bräutgam war der vörderst
in seinem blauen Rock

Dann gingen sie zur Kirche
mit Braut und Bräutigam
damit die beid´n tun dürfen
was sie schon lang getan

Darauf täten sie trinken
ein süßen sauren Wein
da wollt ein jeder Esel
der nächst beim Fasse sein

Und als sie waren trunken
hub sich ein Hader an
sie schlugen sich die Bäuch und Nas
mit Stühlen, Glas und Pfann

Und von der ganzen Gemeinde
ein einziger übrig ist
das war des Richters Esel
der lachet auf dem Mist

"Die Bauern von St. Pölten" in diesen Liederbüchern

Es wollt ein Bauer früh aufstehn (1980) —