Sollen nun die grünen Jahre (Die asiatische Banise)
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Sollen nun die grünen Jahre
Und der Unschuld Perlenkleid
Auf die schwarze Totenbahre
In die dunkle Ewigkeit?
Soll das Blut die Erde färben
Soll Banise nicht mehr sein
Und so jämmerlich verderben?
Himmel! das ist Seelenpein
Meine Jugend heißt mich hoffen
Weil die vollen Rosen stehn
Und mein Fuß betritt die Stufen
Welche nach dem Grabe gehn
Stern und Himmel ruft vergebens:
„Suche Flammen in dem Schnee!“
Weil die Sonne meines Lebens
Sinket in die Totensee
Statt verhoffter Liebesblicke
küsset mich der blasse Tod
Und der Jugend bestes Glücke
Ist nur Jammer Angst und Not
Gold und Kronen soll ich erben
Ja ein Kind der Götter sein
Aber ach so soll ich sterben
Und betreten Gruft und Stein
Doch getrost Das Licht der Tugend
Bliztet auch durch Tod und Nacht
Es ist Schönheit Stand und Jugend
Was den Tod dir bitter macht
Dieses sind nur falsche Sterne
Und ein Glanz der Eitelkeit
Spreu und Schalen sonder Kerne
Welche schwinden mit der Zeit
Tugend kann den Tod versüßen
Hoffnung zuckert Gallen ein
Weil wir alle sterben müssen
Will ich nicht die Letzte sein
Es wird meine reine Seele
Reisen durch die Sterblichkeit
Und entgehn der Grabeshöhle
Zur gestirnten Ewigkeit
Zwar mein Prinz wird sich betrüben
Weil mein Fall die Liebe stört
Doch ein keusch gesinntes Lieben
Wird durch keinen Tod verhehrt
Ihre zarte Wurzel dringet
Auch bis in die kalte Gruft
Wenn sich Geist und Seele schwinget
Durch die blaugewölbte Luft
Nun die Zeit befiehlt zu scheiden
Und mein Stundenglas zerbricht
Ich soll Tod und Messer leiden
Es verdunkelt Aug und Licht
Dieses ist die letzte Stunde
So vergeht der Jugend Pracht
Wort und Silb‘ erstirbt im Munde
Welt und Prinz, zu guter Nacht
Anmerkungen zu "Sollen nun die grünen Jahre (Die asiatische Banise)"
Das Gedicht in 7 Strophen steht zuerst in Herrn Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen „Asiatische Banise, oder blutiges doch mutiges Pegu in historischer und mit dem Mantel einer Helden- und Liebesgeschichte bedeckten Wahrheit beruhend …“ (Leipzig, 1733 696 S.) Dedication schließt: Leipzig, d. 16 Aug. 1688 A H v Z und K (Daselbst S. 608 das Lied) Dieser Roman erschien seit 1688 – 1764 in vielen Ausgaben und fand auch Nachahmungen in der deutschen, der englischen und der ägyptischen Banise.
Der Inhalt des Romans der über 50 Jahre lang der Liebling und das Entzücken der Lesewelt war, ist in Kürze folgender: Eine liebende Prinzessin (Banise) wird von dem königlichen Liebhaber verschmäht und will sie sich, den Dolch in der Hand, nachdem sie ihr Leid beklagt und um Rache geschrien den Todesstoß geben, was aber die Hand eines redlichen Soldaten verhindert. Endlich kommt das Glück, dass der Kaiser Maximilian mit der Prinzessin Banise nebst 3 anderen Königspaaren nach erlangtem Siege über die Feinde noch im Lager ihre Hochzeit feierten. Näheres F. Vilmar Litteraturgeschichte 1856, S 454 und W .Scherer: Geschichte der deutschen Litteratur, S 379
Die Melodie des im 18 Jahrhundert vielgesungenen Liedes wurde als Choral verwendet, zuerst im Herrnhuter Gesangbuch 1784 zu „O gesegnetes Regieren“. Später in andern Choralbüchern zu „O du Liebe meiner Liebe“ und „Jesu der du meine Seele“ – Ich gebe die Melodie nach dem Herrnhuter Choralbuch 1784, weil seine ältere Notation mir zur Verfügung steht, bezweifle aber dass der volkstümliche Gesang der Banise diesen langweiligen Choral Rhythmus hatte.
"Sollen nun die grünen Jahre (Die asiatische Banise)" in diesen Liederbüchern
Text ebenso in einem geschriebenen Liederbuch vom Jahre 1740: „Das In der Einsamkeit singende Frauenzimmer“. Darin 38 Aria. Ebenso auf einem fliegenden Blatt um 1750 – 1800: „Fünf neue Weltliche Lieder“, Gedruckt zu Balasa Giarmat (Davon das 5.) Auf einem andern fliegenden Blatt um 1780-1800 „Acht schöne neue weltliche Lieder“, das 1 bloß die 5 ersten Strophen.
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