Dich, hoher Jüngling, liebt mein Herz
Und muß es tief verhehlen
O, könnte dir’s ein Lüftchen nur
Ein sanftes Lüftchen meiner Flur
Im Abendhauch, erzählen
Es sollte, wenn der Hain verstummt
Und wenn Diana lüstern
Durch deine Buchenzweige schaut
Wie ein verwehter Herzenslaut
Um deine Laube flüstern
Es sollte deinem Atemzug
Im Frühlingsduft begegnen
Und Blüten, hell, wie Mondenlicht
So leise, wie die Liebe spricht
Auf dich hernieder regnen
O, schweigend ruhe dann das Spiel
Der lauen Abendwinde
Daßssein betautes Blütenblatt
Die Stelle seiner Lagerstatt
An deinem Herzen finde
Dann würde dir dies sanfte Bild
Vielleicht die Seel‘ erschüttern
Und eine liebende Gestalt
Von säuselndem Gezweig‘ umwallt
Durch deine Laube zittern
Umfangen würde dich vielleicht
Ein wunderbares Ahnen
Es würd‘ an den Platanengang
Voll Ruh und Nachtigallgesang
Dich die Erscheinung mahnen
Dort sah ich dich: und plötzlich war
Mein Blick, mein Herz umfangen
Das Lied auf meiner Lippe schwieg,
Und eine helle Röte stieg
Mir heiß auf beide Wangen
Die schönsten Blüten flatterten
Um dich, wie goldne Horen
Dich sah ich nur, dich dacht‘ ich nur
Verschwunden war mir die Natur
Ich selbst in Nacht verloren
Text: Christoph August Tiedge
Musik: K. G. König (1780)
Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)