Des Jahres letzte Stunde
ertönt mit ernstem Schlag
trinkt, Brüder, in die Runde
und wünscht ihm Segen nach
zu jenen grauen Jahren
entfliegt es, welche waren
es brachte Freud und Kummer viel
und führt uns näher an das Ziel
In stetem Wechsel kreiset
die flügelschnelle Zeit
sie blühet, altert, greiset
und wird Vergessenheit
Kaum stammeln dunkle Schriften
auf ihren morschen Grüften
und Schönheit, Reichtum, Ehr und Macht
sinkt mit der Zeit in öde Nacht
Sind wir noch alle lebend
wer heute vor dem Jahr
in Liebesfülle strebend
mit Freunden fröhlich war?
Ach, mancher ist geschieden
und liegt und schläft in Frieden
Klingt an und wünschet Ruh hinab
in unsrer Freunde stilles Grab
Wer weiß, wie mancher modert
ums Jahr, versenkt ins Grab
Unangemeldet fordert
der Tod die Menschen ab
Trotz lauem Frühlingswetter
wehn oft verwelkte Blätter
Wer von uns nachbleibt, wünscht dem Freund
im stillen Grabe Ruh und weint
Der gute Mann nur schließet
die Augen ruhig zu
mit frohem Traum versüßet
ihm Gott des Grabes Ruh
Er schlummert leichten Schlummer
nach dieses Lebens Kummer
Dann weckt ihn Gott, von Glanz erhellt
zur Wonne seiner bessern Welt
Auf, Brüder, frohen Mutes
auch wenn uns Trennung droht
Wer gut ist, findet Gutes
im Leben und im Tod
Dort sammeln wir uns wieder
und singen Wonnelieder
Klingt an, und: Gut sein immerdar
sei unser Wunsch zum neuen Jahr
Text: Johann Heinrich Voß (1784)
Musik: Johann Abraham Peter Schulz (1784)
Erschien zuerst als musikalische Beilage zum Dezemberheft 1784 des „Journal von und für Deutschland“, mit der bald volkstümlich gewordenen Melodie von J. A. P. Schulz, dann in dessen „Lieder im Volkston“ (2. Teil, 1785. Die letzten beiden Zeilen einer jeden Strophe werden von allen wiederholt. „… bis in die Neuzeit von altmodischen Leuten in geselligen und Familienkreisen gesungen.“ (Böhme, 1895)