Der Wald hat sich entlaubet
gen diesem Winter kalt
meinr Freud bin ich beraubet
Gedanken machen mich alt
Dass ich so lang muß meiden
die mir gefallen ist
das schafft der Klaffer Neide
darzu ihr arger List.
Ihr Angesicht aus stetem Mut
Erfreut das Herze mein.
Und möcht mir widerfahren gut
So wollt ich fröhlich sein
O schwarze und graue Farbe
Darzu steht mir mein Sinn
Dabei sie mein gedenken soll.
Wenn ich nicht bei ihr bin.
Gesegn dich Gott, mein schönes Bild
Gott geb dir Glückes viel!
Du führst mich doch an deinem Schild
Setz mir ein kurzes Ziel
Nun komm herwieder balde
Es mag uns nützer sein
So gar mit reichem Schalle
Gott mach uns sorgenfrei
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Lochheimer Liederbuch (um 1452, Lochamer Liederbuch)
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 745 „Wünsche beim Abschied des Ritters“)
CDs und Bücher mit Der Wald hat sich entlaubet:
Anmerkungen zu "Der Wald hat sich entlaubet"
Böhme merkt an: „Von der langen und langweiligen Reimerei hier bloß die 1., 2. und 6. Strophe, die am volkstümlichstcn unter den höfischen Versen erscheinen.
Die Melodie ist rhythmisch vielleicht entstellt, aber immer noch erträglich, wenn man sie nicht durchweg in den vorgeschriebenen C/Takt einsperrt, sondern Taktwechsel annimmt, wie ich oben getan. An dem überlieferten Rhythmus ist nur die Note unter * vergrößert.
Volkslied war das Ganze nicht, aber der Text doch das Vorbild zum voranstehenden Volksliede „Entlaubet ist der Walde“ Im 16. Jahrhundert wird der Ton: „Der Wald hat sich entlaubet“ angeführt (s. Weller, Annalen I, 210, Nr. 49) aber zu einer sechszeiligen Strophe, damit kann die hierstchende achtzeiligen Melodie unmöglich gemeint sein.
Bemerkt sei noch: dass obige Melodie der Tenor eines dreistimmigen Satzes ist, und dieser jedenfalls zu der ältesten mehrstimmigen Musik in Deutschland gehört.