Der Wächter der blies an den Tag
An einer Zinnen, da erlag
Er bliese an des Tages Schein
„Wo zwei Lieb bei einander sein
Scheiden sich bald!
Es taget vor dem grünen Wald“
„So höre Knab, vernimm mein Sag:
Es ist noch lang nicht lichter Tag
Der Mond scheint durch die Wolken her
Der Wächter schreckt uns beide gern
Das sag ich dir:
Die Mitternacht ist nicht hinfür“
Er schwang sie lieblich an sein Brust
Er lebt nach seines Herzen Lust
Die Zwei schied’n sich bei der Zeit
Der Knab schwang sich über die Heid
Durch den Tau:
„Gesegn dich Gott, mein schöne Frau!“
Das Fräulein schrei vor Leid: „Ade!
Behüt dich Gott vor allem Weh!“
Du bist meines Herzen höchster Trost;
Bedenk, Herzlieb, mein Elend groß
Das ich erduld;
Noch bin ich dir von Herzen hold!“
Was zog er von den Händen sein?
Vom rotem Gold im Fingerlein:
„Seh hin, feins Lieb, hab dirs zur Letz
Damit du dich deins Leids ergetzst
Zu dieser Frist;
Du mir die Allerliebste bist“
Der uns das Liedlein hat gemacht
Der hat gedicht ein ganze Nacht
Ein junger Knab hat großen Preis
Frauen zu dienen war ihm heiß
Mich freut, Herzlieb, dein roter Mund
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (Nr. 799)
Text und Mel. in: 68 Lieder. Gedruckt zu Nürnberg. durch Johann vom Berg und Ulrich Newber; 1550, Nr. 55.