Der Wächter auf dem Türmlein saß
ins Hörnlein tät er blasen
Und wer bei seinem Schätzlein leit
der steh nur auf es ist schon Zeit
der Tag bricht an mit Strahlen
ja Strahlen
Das Mägdlein aus dem Bette sprang
den Tag wollt sie anschauen
Bleib nur liegen bleib nur liegen mein herztausender Schatz
es ist fürwahr noch lang nicht Tag
der Wächter hat uns belogen
betrogen
Das Mägdlein zu dem Brunnen Brunnen ging
frisch Wasser wollt sie holen
da begegnet ihr derselbige Knab
der des Nachts bei ihr geschlafen hat
und bot ihr ein guten Morgen
verborgen
Guten Morgen guten Morgen mein herztausender Schatz
wie hast du heint geschlafen
ich hab geschlafen in deinem Arm
ich hab geschlafen daß Gott erbarm
meine Ehr hab ich verschlafen
verschlafen
Wenn du dein Ehr verschlafen hast
so laß dichs nicht gereuen
ich bin fürwahr derselbige Knab
der auch noch Geld und Güter hat
deine Ehr will ich dir bezahlen
ja zahlen
Meine Ehr meine Ehr die bezahlst du mir nicht
du bist ein loser Schelme
Wenn Feuer und Stroh beisammen leit
und wenn auch Schnee dazwischen schneit
so muß es doch endlich brennen
ja brennen
Letzte Strophe auch:
Meine Ehr meine Ehr die bezahlst du mir nicht
du bist ein loser Schelme
Wenn Feuer und Schwefel beisammen leit
und auch noch Pech dazwischen schneit
so wird´s doch endlich brennen ja brennen
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in: Deutscher Liederhort (1856, Nr. 135 „Das Wiedersehen am Brunnen“) und Liederhort II (1893, Nr. 812a „Ein Nachklang der Wächterlieder“)
Erk, Liederhort Nr. 135: vielfach mündlich aus dem Hessen-Darmstädtischen. Ähnliche Texte aus Hessen bei Mittler 172: „Der Wächter auf dem Thürmlein saß.“ Jungbrunnen Nr. 121. Ferner im Kuhländchen bekannt (Meinert 120), in Schleswig-Holstein (Müllenhoff S. 608) in Schlesien (Hoffmann 87). Simrock 283. Text auch im Wunderhorn I, 347, wozu Goethe sagt; „Voll Anmut und Gefühl.“ – Vor 1843 vielfach mündlich aus Frankfurt a. M., Hessen-Darmstadt , Dreieichenhain , Offenthal , Ditzenbach . Alsfeld etc.