Der Mai mit seinem Schalle
Erfreuet manch Gemüt
Ein Blümelein ob allen
Das steht in hoher Blüt
Veiel ist es genennet
Das mich erfreuen tut
Wo Lieb in Lieb entbrennet
So wohnt es nit zu fernet
Denn es steht wohl behut
Wohlgemut tut auch dem Herzen
Mit seiner Tugend rein
Nach ihm steht mein Begehren
Denn ichs in Treuen mein
Die edlen Blümlein zart
In dieser Maienzeit
Mit tugendlicher Arte
Entsprossen aus Liebesgarten
Haben sie manch Herz erfreut.
Gar lieblich hört man singen
Die schön Frau Nachtigall
Auch andre Vöglein klingen
Im Walde überall
Die sich alle tun freuen
(Der schönen Maienblut)
Sie kann mir Leid zerstreuen
Die ich do mein mit Treuen,
Nach der mein Herze but.
Text: Verfasser unbekannt
Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1674 „Frühlingsblumen.“, ohne Melodie)
in: Münchner Cod. germ. Nr. 810. Bl. 153 (15. Jahrhundert, um 1461) Die eingeklammerte Zeile fehlte. Das Gedicht hat noch Anklänge an den ritterlichen Minnesang. —