Der Holdseligen sonder Wank
sing ich fröhlichen Minnesang,
denn die Reine, die ich meine
winkt mir lieblichen Habe dank
Gleich der sonnigen Veilchenau
glänzt der Wonnigen Augenblau.
Frisch und ründchen blüht ihr Mündchen
gleich der knospenden Ros im Tau.
Ach, bin inniglich minnewund !
gar zu minniglich dankt ihr Mund !
lacht so grüsslich, lockt so küsslich,
dass mir’s bebt in des Herzens Grund.
Ihrer Wängelein lichtes Rot
hat kein Engelein, so mir Gott
Eya, säss ich unablässlich
bei der Preislichen bis zum Tod.
Der Holdseligen sonder Wank
sing‘ ich fröhlichen Minnesang,
denn die Reine, die ich meine,
winkt mir lieblichen Habedank
Text: Johann Heinrich Voß (1774)
zuerst in Göttinger Musenalmanach für 1774
in Als der Großvater die Großmutter nahm (1885)