Wir genießen die himmlischen Freuden
Drum tun wir das Irdische meiden
Kein weltlich Getümmel
Hört man nicht im Himmel
Lebt alles in sanftester Ruh
Wir führen ein englisches Leben
Sind dennoch ganz lustig daneben
Wir tanzen und springen
Wir hüpfen und singen
Sankt Peter im Himmel sieht zu
Johannes das Lämmlein auslasset
Der Metzger Herodes drauf passet
Wir führen ein geduldigs
Unschuldigs geduldigs
Ein liebliches Lämmlein zum Tod
Sankt Lucas den Ochsen tut schlachten
Ohn einigs Bedenken und Achten
Der Wein kost t kein Heller
Im himmlischen Keller
Die Engel die backen das Brot
Gut Kräuter von allerhand Arten
Die wachsen im himmlischen Garten
Gut Spargel Fisolen
Und was wir nur wollen
Ganze Schüssel voll sind uns bereit
Gut Apfel gut Birn und gut Trauben
Die Gärtner die alles erlauben
Willst Rehbock willst Hasen
Auf offner Straßen
Zur Küche sie laufen herbei
Sollt etwa ein Fasttag ankommen
Die Fische mit Freuden anströmen
Da laufet Sankt Peter
Mit Netz und mit Köder
Zum himmlischen Weiher hinein
Willst Karpfen willst Hecht willst Forellen
Gut Stockfisch und frische Sardellen
Sankt Lorenz hat müssen
Sein Leben einbüßen
Sankt Marta die Köchin muß sein
Kein Musik ist ja nicht auf Erden
Die unsrer verglichen kann werden
Elftausend Jungfrauen
Zu tanzen sich trauen
Sankt Ursula selbst dazu lacht
Cäcilia mit ihren Verwandten
Sind treffliche Hofmusikanten
Die englische Stimmen
Ermuntern die Sinnen
Daß alles für Freuden erwacht
Text : Verfasser unbekannt
Musik: Sturm / Nicolai
Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1765 „Die himmlischen Freuden“, ein Lied in Bayern sehr üblich“)
Böhme gibt an, das obiges Lied um 1774—1778 entstanden sei aus Peter Marcellin Sturm’s Liede: „Nach Kreuz und ausgestandnen Leiden„. Dort gibt er als Jahr der Entstehung aber 1780 an. Was denn nun?
Text und Melodie hier aus Fr. Nicolai’s Almanach II. 1778, Nr. 19. Die Melodie ist von Sturm selbst komponiert zu einem ähnlichen Texte (die Hölle): „Auf eitle sündhafte Freuden“ (Alm. II. 14). Nicolai hat ihr noch eine zweite Hälfte zugefügt und je 2 Str. zusammengezogen.
Vollständiger Abdruck bei Erk II. 2, 9. — Textabdruck im Wunderhorn I. 365, wozu Goethe bemerkt: „Eine christliche Cocagne (Schlaraffenland), nicht ohne Geist“. — Der Wunderhorntext auch bei Simrock Nr. 339. Walter 224. Mittler 1320. Dasselbe Lied mit einigen Zusätzen nach einem fliegenden Blatt (Ende des 18. Jahrhunderts) bei Pröhle Nr. 123. — Aus dem Sundgau: „Wollst g’nießen die himmlischen Freuden“ Alsatia 1853, S. 208.