Der Böller knallt, der Schwärmer pufft
es sprühen Feuergarben
Und Sterne schießen durch die Luft
in allen sieben Farben
Der Winzer singt herab vom Stein
der Bauer bei den Saaten
„Gediehen ist der weiße Wein,
der rote ist geraten!“
Der Nachbar Wirt, drei Zentner schwer
springt auf des Kellers Stufen
gleich einem Eichhorn hin und her
und prüft Gebind und Kufen
Doch gießt der Schlingel Wasser drein
soll ihn der Teufel braten
Gediehen ist der weiße Wein
der rote ist geraten
Das Pfäfflein spricht: „Die Welt ist schlecht
und wankend wird der Glaube
Drum stärke sich der Kirche Knecht
mit edlem Saft der Traube
Er ruft´s und seiner Nase Schein
aufleuchtend wie Granaten
Gediehen ist der weiße Wein,
der rote ist geraten.
Geraten ist der Wein, da lacht
der Hausknecht, der Magister
der Wächter, der die Nacht durchwacht
der Kutscher, der Minister
Und was sich plagt jahraus, jahrein
mit Hammer, Axt und Spaten:
Gediehen ist der weiße Wein,
der rote ist geraten
Und jedes Sängers Mund ihn lobt
und singt zu seiner Ehre
Frau Parze, bis ich ihn erprobt
halt ein mit Deiner Schere!
Laß mir das Leben noch gedeih´n
zu neuen Bechertaten
Gediehen ist der weiße Wein
der rote ist geraten
Text: Rudolph Baumbach (1840 – 1905), „Neuer Wein“, aus „Lieder eines fahrenden Gesellen“
Musik: Moriz Krebs (1884) ?