De morgensterne hefft sik upgedrungen
gar schön hebben uns die klein‘ Waldvöglein gesungen
wol aver berg unde depe dal,
van fröuwden singet uns de leve nachtegal.
Van Fröuden singet uns de Wächter an der Tinnen
Weckt up den Hell mit sachten . , . Sinnen:
„Waek up, waek up, it is wohl an der Tit!“
Und beschütt der Junkfrouwen er Ere, dem Helt sin junge Lif
Frouw Nachtegal was möde, se let aff von erem Singen
Dat Megdlin dat was junk, se sach den hellen Dach her dringen:
.Waek up, feins Lef! wi sint in groter Not
Ervör dat min Voder unde Moder, vel lever so wer wi dot.“
Nun schwich stille, Megdlin, van dinem Truren!
Ik wil mi schwingen aver de hogen Muren;
Du hefft mi Mot, Hert und Sinne benamen.
Und wenn de leve Got wil, so werde ik wedder kamen.‘
Das Megdelin stunt an Hoger Tinnen
Und dachte, wo se den Helt darvan möcht bringen.
Ein schnewitt Beddelaken se toret
Darmit se den Helt aver de Muren let.
„Nu var darhen, fins Lef, dat di Got behöbe!
Du makest mi scheident also müde
Du hefft min junge Herte ut Fröuwden in Trurent gebracht
Dat ik van di mot scheiden, adde to vel dusend guder Nacht!‘
De uns dit Lettin Hebben gesungen
Dat Hebben gedan twe kramerjungen,
Se Hebben it ganz wol bedacht
Unde wünschen allen Junkfrouwen vel dusend guder Nacht.
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 808 „Der Morgenstern“)
in Ludwig Uhland: Uhland Volkslieder (Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder, Band I, Nr. 70, 1844)
Text im Niederdeutschen Liederbuch (um 1600). Daher Uhland. Volkslieder Nr. 79A. — Melodie aus der Berliner Hdschr. Z. 98. 15. Jahrhundert —
Andere Melodie zur geistlichen Umdichtung: Der Morgenstern ist aufgedrungen, erleucht daher zu dieser Stunde :c. bei Praetorius VII, 1609, Nr. 194. (Abdr. Altd. Ldb. Nr. 108.)
5, 3 toret = zerriß. 5, 4 let _ ließ.